Piraten ersetzen Linke und wirbeln Parteiengefüge durcheinander

Im DeutschlandTrend kommen die Piraten in Schleswig-Holstein auf 9 Prozent, Schwarz-Gelb und Rot-Grün sind nicht mehrheitsfähig, in NRW könnte es nach Emnid zu einer rot-grünen Regierung kommen

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Die Piraten stören das bislang gemütliche Parteiengefüge mächtig, was die Linken nicht geschafft haben, die von Piraten verdrängt werden. Das zeigt sich wieder im aktuellen DeutschlandTrend bei der Sonntagsfrage zur Wahl in Schleswig-Holstein, die am 6. Mai ansteht. Trotz oder gerade wegen des Beschusses von allen Seiten und Medien, denen die Piraten (und damit auch ihre Wähler) ausgesetzt sind, würden sie in der Umfrage auf 9 Prozent kommen und wären damit ein Schwergewicht, das nur eine Zweierkoalition zulassen würde, nämlich die große Koalition.

Dumm ist freilich die Meinung, die auch in Medien, nicht nur von interessierten Politikern geäußert wird, dass derjenige, der die Piraten wählt, automatisch der großen Koalition zur Macht verhelfen würde. Alternativenlos ist hier nichts, das wäre nur der Fall, wenn CDU und SPD so unbeweglich bleiben, wie sie dies oft waren, was aber keine Lösung mehr darstellt, auch wenn viele durchaus mit einer SPD-geführten große Koalition zu sympathisieren scheinen. Politik wird nun komplizierter, vielleicht auch ein wenig frischer, wenn es zu möglichen Dreierkoalitionen kommt.

Klar ist jedenfalls mit großer Wahrscheinlichkeit, dass sowohl Schwarz-Gelb und Rot-Grün keine regierungsfähige Koalition bilden können. Die CDU schafft gerade einmal 30 Prozent, die FDP kann in der Umfrage überraschend zulegen und kommt mit 6 Prozent in den Landtag - 49 Prozent sagen allerdings, die FDP von Schleswig-Holstein unterscheide sich von der FDP insgesamt, was aber nicht an Kubicki zu liegen scheint. Regierungsfähig wäre Schwarz-Gelb aber nur, wenn sie die Grünen für sich gewinnen, die für sich 13 Prozent verbuchen können. Das ist eher unwahrscheinlich, weil damit die Grünen ihr Ansehen schwer schädigen würden, schließlich wäre eine Koalition von SPD (32%), deren Spitzenkandidat Albig in der Popularität deutlich vor dem CDU-Spitzenkandidat de Jager liegt, mit den Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) zusammenschließen würde. Der SSW erzielt in der Umfrage 4,5 Prozent, ist von der 5-Prozent-Hürde ausgenommen und hat seine Bereitschaft zu einer solchen Koalition bereits bekundet.

Denkbar wäre zwar auch eine Koalition von Rot, Grün und Piraten mit einer dann soliden Mehrheit, aber dafür sind SPD und Grüne zu unflexibel und vorsichtig. Eigentlich könnten die Altparteien aber die Piraten kontrollieren, deren Dynamik ausnutzen und sie vermutlich gleichzeitig entzaubern. Vermutlich aber werden die Piraten zu den neuen Parias, die bislang in den westlichen Bundesländern die Linken gewesen sind. Sie schaffen es vermutlich mit 2,5 Prozent nicht mehr in den Landtag, die Protestwähler wechseln zu den Piraten, die zwar keine gefestigte Ideologie anbieten, aber wenigstens nicht an der Vergangenheit hängen und ein Zukunftspotenzial besitzen. Das ist ja auch das Versprechen der Piraten, nicht schon ein Programm, eine Ideologie, eine Weltanschauung fertig zu haben und zu verkaufen, sondern dabei mitzuwirken, ein "flüssiges" Programm zu entwickeln, also an einem Experiment teilnehmen zu können.

Die Volksmeinung bleibt allerdings unergründlich. So sagt eine Mehrheit, die CDU sei an der Staatsverschuldung schuld, gleichwohl trauen ihr auch 31 Prozent zu, die Schulden abzubauen. Grünen, SSW oder Linken wird hier keine Kompetenz zugesprochen. Der SPD vertrauen hier 17 Prozent, den Piraten gar 2 Prozent, keiner Partei - vermutlich realistisch - 36 Prozent.

Update: In einer Emnid-Umfrage für NRW sieht die Situation etwas anders aus. Auch hier könnte die FDP die Wende geschafft haben. Mit 5 Prozent würde sie wieder in den Landtag einziehen. Da die CDU aber nur auf 32 Prozent kommt, hat Schwarz-Gelb auch hier keine Chance. Die SPD ist mit 38 Prozent überraschend stark, die Grünen verlieren und liegen bei 10 Prozent, was aber noch zu einer rot-grünen Regierung reichen kann. Auch in NRW dürften die Linken nicht mehr in den Landtag einziehen, während die Piraten wie in Schleswig-Holstein auf 9 Prozent kämen.[