Le Pen für den "Zusammenbruch der EU"

Vor den Parlamentswahlen: In den Umfrage liegt das gemäßigt linke Lager nur knapp vor dem bisherigen Regierungslager. Viel Aufmerksamkeit richtet sich auf das Abschneiden von Marine Le Pens Front National

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Am Sonntag wird in Frankreich die Zusammensetzung des Parlaments gewählt. Aktuell behauptet das Lager der Parti Socialiste (PS) - mit linken und grünen Verbündeten - einen schwachen Vorsprung in der jüngsten Umfrage gegenüber der bisherigen Regierungspartei UMP mit derem Verbündeten, der kleinen gaullistischen Partei Debout la République.

Beide, die PS wie die UMP, kämen samt ihren kleinen Partnern auf 32,5 Prozent. Den Ausschlag würden die grünen Europe-Ecologie Les Verts geben, mit deren vier Prozent kommt man auf 36,5 Prozent. Die Umfrageergebnisse können jedoch nur einen ungefähren Trend angeben; da die Parlamentswahlen Mehrheitswahlen sind und in manchen Wahlkreisen der zweite Wahlgang (am folgenden Sonntag, 17.06.) erst darüber entscheidet, wer Abgeordneter wird. So können auf der Wahlkreisebene auch Taktiken mit Empfehlungen für die Stichwahl eine gewisse Rolle spielen - Prozesse, die Umfragen kaum widerspiegeln.

Große Aufmerksamkeit richtet sich auf das Abschneiden des Front National unter Marine Le Pen und des Front de Gauche, deren Führungsfigur Jean-Luc Mélenchon. Die beiden setzen ihren öffentlichen Schlagabtausch, den sie beim Präsidentschaftswahlkampf begonnen hatten, fort. In der Umfrage liegt der FN deutlich vorne. Er kommt auf 15,5 Prozent gegenüber 8 Prozent des Front de Gauche. Beide Parteien, deren Konkurrenz von Medien als interessantes Motiv in der Berichterstattung über einen ansonsten unspektakulären Wahlkampf herausgestellt wird, haben gegenüber den Vorwochen an Umfragepunkten eingebüßt.

Besonders beachtet wird der Front national, der sich unter Marine Le Pen neu ausgerichtet hat, weniger radikal erscheint und dadurch neue Wählerschichten anzieht. In Umfragen schneidet der FN besonders gut bei der Altersgruppe zwischen 25 und 39 Jahren ab; laut Libération rühmt sich der FN des Zulaufs von jungen Parteimitgliedern. Die Hälfte der 571 Kandidaten, die sich am Sonntag präsentieren, sind erst seit 2 Jahren in der Partei. Le Pen versucht mit einem gegen die EU gerichteten Patriotismus Stimmen zu sammeln ( "Ich wünsche Zusammenbruch der EU, um das Europa der Nationen zu ermöglichen") - ohne dabei wie früher ihr Vater mit radikalen Aussagen, die Fremdenfeindlichkeit sofort erkennen ließen, Wähler vor den Kopf zu stoßen. Sie hat sehr darauf geachtet, ein mehrheitsfähiges Image zu schaffen, das ein breites Spektrum an Wählern anspricht, darunter auch viele, die aus dem linken Milieu kommen. Zudem sieht sie besser aus als ihr Vater, was bei jüngeren Wählern auch eine Rolle spielt.