Diagnose gestellt

Klimawissenschaftler legen mit "Copenhagen Diagnosis" ein informelles Update des IPCC-Berichts vor

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Pünktlich zur UN-Klimakonferenz in Kopenhagen haben 21 namhafte Klimawissenschaftler aus aller Welt den neuesten Kenntnisstand zusammengetragen. Unter ihnen ist auch Hans Joachim Schellnhuber, Leiter des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und Klimaberater und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen WBGU.

Zeitgleich traten sie heute in Wien, Sydney und per Telefonkonferenz in den USA an die Öffentlichkeit, eine Zusammenfassung ihres Berichts wurde nicht nur in den UN-Sprachen ( Arabisch, Chinesisch, Englisch, Franzöisch, Russisch und Spanisch) sondern auch auf Bengali, Deutsch, Hindi, Indonesisch und Portugieisch veröffentlicht. Erklärtes Ziel ist es, Politiker und Öffentlichkeit über die neuesten Erkenntnisse zu informieren, die noch keinen Eingang in den letzten IPCC-Bericht gefunden hatten, der 2007 veröffentlicht wurde.

Die wichtigsten Warnungen aus dem neuen Bericht: Satelliten- und andere Messungen legen nahe, dass der Grönländische und der Antarktische Eisschild zunehmend an Masse verlieren. Der Meeresspiegelanstieg liegt daher schon jetzt mit über drei Millimeter pro Jahr über dem noch vor Jahren erwarteten. Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte der Meeresspiegel daher, wenn sich der Eisverlust weiter so beschleunigt, um mehr als einen Meter bis maximal zwei Meter ansteigen.

Auch das arktische Meereis, das keinen Einfluss auf den Meeresspiegel, wohl aber auf das globale Klima hat, "schwindet deutlich schneller als nach den Projektionen von Klimamodellen zu erwarten war. So war der Eisverlust in den Sommern der Jahre 2007 bis 2009 jeweils rund 40 Prozent größer als der Mittelwert der Simulationsrechnungen für den vierten Sachstandsbericht des IPCC von 2007", heißt es in einer Presseerklärung des PIK.

2008 lagen die CO2-Emissionen, wie berichtet, bereits 40 Prozent über dem Niveau von 1990. Selbst wenn die Emissionen auf diesem Niveau gehalten würden, so die Autoren, wäre "schon innerhalb der nächsten 20 Jahre das Emissionsbudget aufgebraucht, das der Welt noch zur Verfügung steht, wenn die globale Erwärmung auf höchstens zwei Grad Celsius begrenzt werden soll."

Wenn die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels noch vermieden werden sollen, dann müssen die globalen Emissionen in spätestens fünf bis zehn Jahren ihren Gipfel überschritten haben und anschließend schnell abnehmen, so die Quintessenz des Berichts. Um das Klimasystem zu stabilisieren, müssten die Emissionen von Kohlendioxid und anderen langlebigen Treibhausgasen noch in diesem Jahrhundert fast auf Null gesenkt werden.

Hans Joachim Schellnhuber: „Dies ist der letzte wissenschaftliche Aufruf an die Unterhändler von 192 Staaten, den Klimaschutz-Zug in Kopenhagen nicht zu verpassen. Sie müssen die ganze Wahrheit über die globale Erwärmung und die damit verbundenen nie dagewesenen Risiken kennen.“

Martin Visbeck, Professor für Physikalische Ozeanographie und Stellvertretender Direktor des IFM-GEOMAR in Kiel: „Die Ozeane sind durch die Erwärmung und die gesteigerte Aufnahme von Kohlendioxid zunehmend gefährdet. Die Verluste an biologischer Vielfalt aufgrund der Wassererwärmung, der Versauerung und des auftretenden Sauerstoffmangels werden in Zukunft erheblich zur aktuellen Gefährdung durch Überfischung und Meeresverschmutzung beitragen.“