Strafanzeige wegen Geheimnisverrats statt Selbstmord in der Badewanne?

Die Kieler Regierung will angeblich ihren ehemaligen Wirtschaftsminister Werner Marnette zum Schweigen bringen

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Werner Marnette, der ehemalige Wirtschaftsminister von Schleswig-Holstein, war in den letzten Tagen unerwartet zu so etwas wie einem Held geworden. Nach einem viel zitierten und verlinkten Interview mit dem Spiegel, in dem sich der Zurückgetretene bemerkenswert offen darüber äußerte, wie die "Kontrolle" der HSH-Nordbank tatsächlich ablief, hatte Felix von Leitner in seinem Blog bereits am Montag gemutmaßt: "merkt euch den Namen, den finden wir wahrscheinlich demnächst in einer Badewanne in Genf wieder."

Nun meldete die Hamburger Morgenpost, dass die Kieler Regierung eine Strafanzeige gegen ihr ehemaliges Mitglied prüft. Vorgeworfen werden soll ihm darin nicht Verleumdung oder Beleidigung, sondern "Geheimnisverrat", ein nicht nur in der Rechtswissenschaft als problematisch angesehenes Delikt.

Möglicherweise wurden die Pläne wegen ihres Bekanntwerdens aber bereits geändert: Regierungssprecher Christian Hauck ließ mittlerweile verlautbaren, die Meldung "entbehre jeder Grundlage", dafür gibt es nun Gerüchte, dass die Führung der HSH-Nordbank Marnette wegen Geheimnisverrats anzeigen soll.

Unterstützung bekam der frühere CDU-Wirtschaftsminister von der im Kieler Landtag oppositionellen FDP: Fraktionschef Wolfgang Kubicki meinte, die Information, dass Ministerpräsident Carstensen und sein Team überfordert waren, sei keineswegs ein "Geheimnis", sondern bereits allgemein bekannt gewesen.

Bereits 2005 hatte der gelernte Ingenieur Marnette durch eine pointierte Kritik am Oligopol der vier großen Stromkonzerne Aufsehen erregt, worauf hin diese per Gerichtsbeschluss erwirkten, dass er einen von vielen Bürgern als sehr treffend angesehenen Vergleich nicht mehr verwenden darf.