Massive Steuererhöhungen und Generalstreik in Portugal

Erwartet wird, dass sich auch Spanien und Griechenland und womöglich Italien dem Streik am 14. November anschließen

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Der Generalsekretär des großen portugiesischen Gewerkschaftsverband CGTP hatte am vergangenen Samstag in Lissabon einen Generalstreik angekündigt. Arménio Carlos warb für "breite einigende Aktion" in einem "großen Generalstreik". (Zuvor hatte die kommunistisch dominierte CGTP das ambitionierte Ziel erreicht, erstmals den riesigen Platz "Terreiro do Paço" in der Hauptstadt zu füllen. Am Mittwoch wurde auf einem außerordentlichen Treffen der 147 Führungsmitglieder über den Termin diskutiert und es wurde der 14. November bestimmt. Man wende sich gegen die "Lügen" der Mitte-Rechts-Regierung und die "maßlose Ausbeutung der Arbeiter".

Die lange Vorlaufzeit ermöglicht es den beiden großen spanischen Gewerkschaften, sich dem Streik anzuschließen. Zu diesem Zeitpunkt wird im spanischen Parlament auch über den Sparhaushalt 2013 debattiert, der erneut harte Einschnitte in einem Land vorsieht. Um einen gemeinsamen europäischen Protest abzustimmen, hatten sich in der vergangenen Woche europäische Gewerkschaftsführer in der spanischen Hauptstadt Madrid getroffen. "Mobilisieren für ein soziales Europa" lautet das Motto.

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Die spanischen Gewerkschaften sprechen nun vom Generalstreik. Nachdem die konservative spanische Regierung den Haushalt in den letzten Tagen vorgestellt und erklärt hat, sagte der Chef der großen Arbeiterkommissionen (CCOO) ein Streik sei "unvermeidlich", wenn es bei den Einschnitten bleibe. Ignacio Fernández Toxo erklärte, es müsse "wenigstens" eine gemeinsame Aktion mit den Ländern im Süden Europas geben. Cándido Méndez, Chef der kleineren Arbeiterunion (UGT) strich die Bedeutung heraus, die eine "Übereinstimmung mit anderen europäischen Gewerkschaften" habe. Am Wochenende wird der "Sozialpakt" wieder in ganz Spanien demonstrieren, womit erneut Hunderttausende auf die Straße gehen dürften. Erwartet wird, dass dann der Generalstreik für den 14. November bestätigt wird, wovon El País schon ausgeht.

Dass Spanien und Portugal erstmals gemeinsam zu einem iberischen Generalstreik antreten, gilt insgesamt als ausgemacht. Erwartet wird, dass sich in Griechenland wenigstens die große GSEE anschließt. Es war auffällig, dass der Chef der größten Gewerkschaft des Landes am vergangenen Mittwoch nicht zum Generalstreik in Athen, sondern auf dem internationalen Gewerkschaftstreffen in Madrid weilte.

Angesichts der Entwicklung kommt der Chef der kleineren portugiesischen UGT unter Druck. Er fühlt sich von der CGTP übergangen. João Proença will nicht, dass sich die UGT an einem von der CGTP ausgerufenen Streik beteiligt. Proença ist aber zunehmend im Verband isoliert. Ein Teil der UGT-Gewerkschaften hat längst erklärt, "selbstverständlich" streiken zu wollen. Die Kritik wird in der UGT lauter, dass Proença die Arbeitsmarktreform der konservativen Regierung und Pedro Passos Coelho unterstützt hat, wogegen die CGTP im März in den Generalstreik zog. Proença stört sich daran, dass mit dem Generalstreik die Losung der Empörten-Bewegung aufgenommen wird: "Raus mit der Troika, nieder mit der Regierung". Das Motto wurde nun geändert: "Für ein Portugal mit Zukunft, gegen Ausbeutung und Verarmung", doch am Ziel, die Regierung zum Rücktritt zu zwingen, hat sich nichts geändert. Kommunisten und der Linksblock wollen im Parlament zur Unterstützung Misstrauensanträge stellen. Der UGT-Chef will abwarten, bis die Regierung Mitte Oktober den Haushaltsentwurf vorlegt.

"Enorme Steuererhöhungen"

Die CGTP und die Empörten erwarten, dass neue tiefe Einschnitte für die einfache Bevölkerung blühen. Nachdem die stärksten Proteste seit der Nelkenrevolution dazu führten, dass Coelho die Streichung des 14. Monatsgehalts und die massive Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge zurücknahm, soll nun nachgesetzt werden. Gezeigt werden soll, dass die Opferbereitschaft der Bevölkerung beendet ist und dass man den Sparauflagen der Troika nicht mehr befolgen will.

Die Regierung muss aber den Sparkurs verschärfen, wenn sie die Auflagen erfüllen will. Sie musste am Mittwoch einräumen, dass das Haushaltsdefizit 2012 mindestens bei 6,1% liegen soll. Eigentlich war es das Eingeständnis, dass der Sparkurs nicht dazu beiträgt, das Defizit nachhaltig zu senken. Um nun zurückgenommene Sparmaßnahmen zu kompensieren, hat Finanzminister Vítor Gaspar am Mittwochnachmittag "enorme Steuererhöhungen" angekündigt, damit die nächste Rate in Höhe von 4,3 Milliarden Euro aus dem Rettungsfonds ausgezahlt wird. Gaspar sagte am Nachmittag, die Einkommenssteuer (IRS) werde 2013 um etwa 30% steigen. Der durchschnittliche Steuersatz soll auf 13,2% steigen, der derzeit bei neun 9,8 liege.

Offenbar wird aber auch auf einen Teil der Forderungen der großen Gewerkschaft eingegangen. Ohne ins Detail zu gehen, kündigte der Finanzminister eine Finanztransaktionssteuer an. Höhere Einkommen sollen genauso stärker besteuert werden, wie Vermögen und Kapitaleinkünfte. Wieder einmal soll der Steuerbetrug verstärkt bekämpft und gegen Schwarzarbeit verstärkt vorgegangen werden. Obwohl Portugal die Steuern schon massiv erhöht hat, sind die Einnahmen zuletzt im ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 3,5% zurückgegangen.