NPD-Plakate von Meinungsfreiheit gedeckt

Das Verwaltungsgericht Berlin sieht in den Motiven "Gas geben!" und "Guten Heimflug!" keinen Verstoß gegen den § 130 StGB

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die NPD erregte im Berliner Wahlkampf mit einem Plakat, das ihren schnauzbärtigen Vorsitzenden Udo Voigt auf einem Motorrad unter dem Slogan "Gas geben!" zeigt, großes Aufsehen, weil manche Betrachter darin eine Anspielung auf den Holocaust sahen. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg klagte deshalb mit dem Argument, das Motiv erfülle den Straftatbestand der Volksverhetzung nach § 130 Absatz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuchs (StGB).

Das Verwaltungsgericht Berlin kam nun in einer noch nicht rechtskräftigen Entscheidung zu dem Ergebnis, dass dieser Vorwurf nicht zutrifft, weil man interpretierbare Aussagen nicht auf eine strafbare Deutung einschränken dürfe. Dass die NPD mit dem Plakat das Hervorrufen von Assoziationen zum Holocaust beabsichtigte, sei zwar möglich, allerdings lasse sich die Botschaft auch als allgemeine Aufforderung zum schnelleren politischen Handeln lesen.

Der NPD-Vorsitzende, der selbst in der Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick sitzt, lieferte eine dritte Interpretation des Slogans, nämlich, dass er als "passionierter Motorradfahrer […] mit Gas ins Abgeordnetenhaus" einziehen wolle. "Nach 66 Jahren", so Voigt zur Klage des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, müsse man "aufhören, Dinge aus der Vergangenheit zu berücksichtigen".

Neben dem vor allem durch eine Satire der Titanic-Partei bekannt gewordenen Gas-Plakat hatte sich der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg auch an einem zweiten Plakat gestoßen, das einen Schwarzen, eine Frau mit Kopftuch und einen Schnauzbartträger mit Turban unter dem Motto "Guten Heimflug! auf einem in der Luft schwebenden Teppich zeigt. Hier urteilten die Richter, dass Artikel 5 des Grundgesetzes auch "scharfe und übersteigert formulierte Aussagen" und damit auch das Plakat schütze.

Im Fall eines Parteien-zur-Wahl-Kurzfilms der NPD, gegen dessen Ausstrahlung der Rundfunk Berlin-Brandenburg klagte, hatte das Berliner Verwaltungsgericht dagegen in einer mittlerweile vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestätigten Entscheidung befunden, dass dieser "Ausländer mit Straftätern gleichsetze" und ihn mit der Begründung verboten, "Bildabfolge und Textwahl" des Spots ließen in diesem Fall keine andere Interpretation zu.