Bekämpfung der Ölpest im Golf von Mexiko mit Corexit erhöhte die Toxizität drastisch

Nach einer neuen Studie kann die Toxizität gegenüber reinem Öl um das 52-Fache ansteigen, wenn sich Öl und das "Säuberungsmittel" Corexit mischen

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Schon von Anfang an bestanden Bedenken, das nach dem Deep Horizon-Unglück im Golf von Mexiko auslaufende Öl mit Chemikalien zu bekämpfen. Eingesetzt wurden massenhaft so genannte Corexit-Dispergatoren. Sie vermindern die Oberflächenspannung von Öl, so dass sich kleinere Tropfen bilden, die sich unter der Meeresoberfläche verteilen. Verhindert werden soll damit, dass das Öl an die Küsten gespült wird und hier Umweltschäden anrichtet. Allerdings verschwindet das Öl nicht und kann sich sogar leichter verteilen und von den Meeresorganismen aufgenommen werden.

Corexit wird von der Firma Nalco in Verbindung mit Exxon hergestellt und wurde bereits bei der Ölkatastrophe des Tankers Exxon Valdez eingesetzt. 2011 wurde Nalco von Ecolab gekauft, an dem Unternehmen hält die Bill & Melinda Gates Foundation einen Anteil von 25 Prozent. Das US-Umweltministerium hatte zunächst die Verwendung von Corexit EC9500A genehmigt, am 19. Mai jedoch den Ölkonzern aufgefordert, aufgrund der toxischen Bestandteile sich für eine Alternative zu entscheiden. Das hat BP nicht gemacht und den Einsatz von Corexit beendet.

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Weibliches Rädertierchen. Bild: Georgia Institute of Technology

Allerdings waren bereits nach einer neuen, vorab in der Zeitschrift Environmental Pollution veröffentlichten Untersuchung von Wissenschaftlern des Georgia Institute of Technology und der vUniversidad Autonoma de Aguascalientes (UAA), Mexico, 2 Millionen Gallonen (7,6 Millionen Liter) unter die Meeresoberfläche gepumpt worden. Das hat die ökologische Katastrophe durch die ausgelaufenen 4,9 Millionen Barrel Öl (mehr als 580 Millionen Liter) noch deutlich verschärft, sagen die Wissenschaftler, weil der Dispergator, wenn er sich mit dem Öl mischt, 52 mal so toxisch wie das Öl alleine ist.

Die Wissenschaftler verwendeten für ihre Versuche Corexit EC9500A und Öl, das durch das Deep-Water-Horizon-Unglück ausgetreten war, und testeten das Öl, Corexit und deren Mischung in verschiedenen Konzentrationen an fünf verschiedenen Stämmen von Rädertierchen (Brachionus plicatilis), die im Golf von Mexiko vorkommen. Rädertierchen, die sich von Algen und Bakterien ernähren, werden gerne verwendet, um die Toxität von Meerwasser zu bestimmen, weil sie schnell reagieren und empfindlich sind. Getrennt ist die Toxität von Öl und Corexit gleich, gemischt wird es aber ein Teufelszeug, das die Tödlichkeit bei den Rädertierchen um das 52-Fache erhöht und damit auch andere Organismen bedroht, denn die Rädertierchen gehören zum Anfang der Nahrungskette. Schon wenn das Wasser nur einen Anteil von 2,6 Prozent der Mischung enthält, sinkt die Rate der Eibildung bei den Rädertierchen um 50 Prozent.

Roberto-Rico Martinez von der UAA, der Leiter der Studie, sagt, dass Dispergatoren vielfach nach Unglücken verwendet werden, aber dass deren Toxität bislang noch kaum bekannt war: "Unsere Studie weist darauf hin, dass die Zunahme der Toxizität bei weitem unterschätzt wurde." Unklar sei aber noch, ob die Vorteile der Verwendung von Corexit die beträchtliche Erhöhung der Toxizität wettmachen. Terry Snell vom Georgia Institute of Technology meint, es könne durchaus besser sein, das Öl sich natürlich abbauen lassen. Das würde zwar länger dauern, würde die Ökosysteme aber nicht so belasten.