Fahrerlose U-Bahnen gegen Gewerkschaften und zur Senkung von Fahrtkosten

Der konservative Londoner Bürgermeister Boris Johnson will seine Wiederwahl auch damit sichern, die Jugendlichen zu höflichem Verhalten in den öffentlichen Verkehrsmitteln zu zwingen

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Der umtriebige und exzentrische konservative Bürgermeister von London, Boris Johnson, stellt sich im Mai der Wiederwahl. Sein Gegenkandidat ist der nicht weniger exzentrische Ken Livingstone von der Labour-Partei, der bereits von 2000 bis 2008 Bürgermeister war und nur knapp gegen Johnson verloren hatte. Livingstone hatte die Innenstadtmaut gegen die Staus eingeführt, jetzt verspricht er, die Preise für den öffentlichen Nahverkehr um 7 Prozent zu senken, so dass jeder Londoner Bürger innerhalb seiner Amtszeit von vier Jahren 1000 Pfund sparen würde.

Kein Wunder also, dass auch Johnson in seinem Transport Manifesto mit neuen Ideen zur Preissenkung antritt, um die Bürger von sich zu überzeugen. So will er beispielsweise die Macht der Gewerkschaften in den öffentlichen Verkehrstrieben brechen, um durch die Verhinderung von Streiks die Preise senken zu können. So müssten nach seinem Willen die Gewerkschaften die absolute Mehrheit hinter sich haben, um einen Streik ausrufen zu können, bislang reicht die einfache Mehrheit. Die Gewerkschaften kontern, dass auch in der Politik Entscheidungen mit einfacher Mehrheit durchgesetzt werden können.

Als wiedergewählter Bürgermeister stünde er auch erneut dem Transport of London vor und setzt vor allem auf die Einführung von fahrerlosen U-Bahnen. Die würden billiger kommen, die Fahrpreise drücken, Verspätungen verhindern und das Fahren insgesamt verbessern - zumindest so lange sie nicht stehen bleiben. Bis 2014 könnte fast die Hälfte des Systems auf automatische Züge umgestellt werden. Allerdings werde es statt der Fahrer "train caaptains" geben, um die Sicherheit zu garantieren, die allerdings wieder gewerkschaftlich organisiert sein könnten. Gegen Livingstone argumentiert er, dass er nicht nur die Preise senken, sondern auch in die Modernisierung investieren will.

Sicherheit, vor allem die Disziplinierung von Jugendlichen, hat auch schon die Labour-Regierung unter Blair propagiert und zu immer neuen Ordnungs-, Straf- und Überwachungsmaßnahmen geführt. Das bekannte, wenn auch immer umstrittene Instrument zur Disziplinierung der Jugend waren die ASBOs (Anti-Social Behaviour Order). Zwar hätten zumindest auch Teile der Finanzbranche, die in der City of London selbstherrlich residiert ( Occupy LSE und das merkwürdige Gebilde der City of London Corporation), manche ASBOs verdient, weil ihr Verhalten mit den Folgen weitaus antisozialer ist, als wenn Jugendliche auf den Boden spucken, Krach machen oder Leute belästigen.

Aber während die City of London dem konservativen Politiker heilig ist, will er nun gegen die unhöflichen Jugendlichen in den öffentlichen Verkehrsmitteln vorgehen. Natürlich ist ganz offensichtlich ein populistisches Versprechen, das schnell wieder vergessen sein wird, der Wahlkampf bringt jedoch gerne verquere Versprechen mit sich. Jugendliche aus London zwischen 10 und 16 Jahren dürfen nämlich die öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos benutzen.

Johnson, der sich selbst gerne mal als Rüpel gibt, verspricht nach seiner Wiederwahl nun, dafür zu sorgen, den Jugendlichen diese Möglichkeit zu entziehen, wenn sie nicht ihren Sitz in Bussen, U-Bahnen und Zügen für Ältere, Schwangere oder Behinderte räumen. Auch wer Drohungen benutzt und nicht rücksichtsvoll zu den Mitfahrenden und Angestellten ist, beispielsweise mit dem Handy zu laut Musik hört, soll seinen Ausweis für die Freifahrten verlieren. Mehr als 3000 Jugendliche, denen aufgrund von antisozialem Verhalten bereits die Ausweise genommen wurden, hätten durch das Programm "Earn your travel back" ihre Ausweise durch Arbeit in sozialen Diensten wieder zurückerhalten.