Keine Wende bei der Wärme

Wenn vom Klimaschutz die Rede ist, geht es meist nur um Strom. Dabei fließt mehr als die Hälfte der Energie in die Erzeugung von Wärme. Doch die Bundesregierung vernachlässigt das Thema Ökowärme seit Jahren.

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Von
  • Sascha Rentzing

Wenn vom Klimaschutz die Rede ist, geht es meist nur um Strom. Dabei fließt mehr als die Hälfte der Energie in die Erzeugung von Wärme. Doch die Bundesregierung vernachlässigt das Thema Ökowärme seit Jahren.

Welch ernüchternde Bilanz: Während die Erneuerbaren bereits mehr als ein Viertel des deutschen Strombedarfs decken, stagniert ihr Anteil am Wärmemarkt bei gut zehn Prozent. Dabei dient mehr als die Hälfte des gesamten deutschen Endenergieverbrauchs der Erzeugung von Wärme: 23 Prozent gehen auf das Konto der sogenannten Prozesswärme – also etwa das Schmelzen, Trocknen oder Erhitzen von Stoffen in der Industrie. Weitere 26 Prozent entfallen auf Raumheizung, fünf Prozent auf Warmwasser. Dämmplatten, Sonnenkollektoren und Wärmepumpen sind also mindestens ebenso effektive Klimaschützer wie Windturbinen, Photovoltaikanlagen und Elektroautos.

Bis 2050 will die Regierung nahezu die gesamte Wärmeversorgung aus Ökoquellen decken – etwa indem die Sanierungsrate von Bestandsbauten von derzeit einem auf zwei Prozent steigt. Die Förderung reicht dafür aber hinten und vorne nicht aus. Nur insgesamt 2,2 Milliarden Euro stellt der Bund 2013 über das Marktanreizprogramm und das CO2-Gebäudesanierungsprogramm zur Verfügung. Das ist knapp ein Neuntel der 19,9 Milliarden, die dieses Jahr in die Ökostrom-Förderung fließen.

Laut Absatzstatistik des Heizungsverbands BDH herrscht bei der Ökowärme seit Jahren entsprechende Flaute. Als sich der Ölpreis im Zuge der Weltfinanzkrise 2010 nahezu halbierte, brach die Nachfrage nach Holzkesseln, Solarkollektoren und Wärmepumpen ein. Seitdem ist sie nicht mehr richtig in Schwung gekommen. Besonders kritisch sieht es für die Solarthermie aus. Nach einem Zwischenhoch 2011 sank der Absatz von Solarthermie-Anlagen 2012 wieder um zehn Prozent und damit auf den Stand von 2010. Eine Trendwende ist nicht in Sicht: In den ersten acht Monaten 2013 ging der Zubau an Sonnenkollektoren im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um weitere acht Prozent zurück. „Eine erfolgreiche Energiewende im Wärmemarkt sieht anders aus“, konstatiert BDH-Geschäftsführer Andreas Lücke. Auch bei der Gebäudesanierung ist die Bilanz dürftig. „Es wurde viel zu wenig erreicht“, bilanziert Christian Stolte, Bereichsleiter Energieeffiziente Gebäude bei der Deutschen Energie-Agentur (Dena).

Die Förderlücke zwischen Strom und Wärme dürfte künftig noch größer werden. Das Marktanreizprogramm, das den Einbau erneuerbarer Wärmeträger fördert, soll 2014 um acht Prozent auf 374 Millionen Euro gekürzt werden. Grund seien die schrumpfenden Einnahmen aus dem europäischen Emissionshandel, mit denen das Programm gespeist wird, heißt es in Berlin. Auch die geplanten 1,5 Milliarden Euro an Steuererleichterungen für die Gebäudesanierung hängen in der Warteschleife. Hauseigentümer sollen künftig zehn Jahre lang jeweils zehn Prozent ihrer Energie-Sanierungskosten steuerlich geltend machen können. Doch die Bundesländer blockieren das Gesetz. Sie müssten 900 Millionen Euro Steuerausfälle in Kauf nehmen, die der Bund partout nicht ausgleichen will.

Aktiv wurde die Bundesregierung hingegen ausgerechnet, als es darum ging, eine tote Technik aus der Gruft zu zerren. Im Frühjahr kippte sie ein Verbot von Nachtspeicheröfen aus Zeiten der großen Koalition. Rund 1,5 Millionen Geräte können nun über 2019 hinaus betrieben werden. Eingeführt wurden sie in den 50er- und 60er-Jahren, als rund um die Uhr laufende Grundlastkraftwerke die Versorgung dominierten. Wenn nachts die Stromnachfrage nachließ, heizten sie elektrisch ihre Wärmespeicher auf. Doch wegen steigender Strompreise und praktischer Nachteile – sie lassen sich unter anderem schlecht regeln und enthalten oft Asbest – kamen sie aus der Mode.

Nun will RWE Nachtspeicherheizungen mit neuer Steuertechnik ausstatten, damit sie gezielt überschüssigen Ökostrom nutzen können. Derzeit testet der Konzern die Technik in rund 80 Haushalten. Per Signal wird der Stromfluss der Heizkörper zentral gesteuert. Vordergründig klingt das nach einer guten Idee, um Strom- und Wärmemarkt miteinander zu verknüpfen. Allerdings können die Geräte nicht wirklich flexibel auf das Stromangebot reagieren. Steht im Winter zu wenig überschüssiger Ökostrom zur Verfügung, müssen weiterhin fossile Kraftwerke in die Bresche springen.

Welche weiteren Möglichkeiten hat die Regierung also?

(grh)