Blaumachen, Schmerzensgeld und fehlende Statistiken

Neues zur Videoüberwachung

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Eine Weberei in Rheinland-Pfalz wurde zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 850 Euro an einen Arbeiter verurteilt, weil sie in der Produktionshalle Videokameras installiert hatte, die nicht nur das Tor, sondern auch einige Webmaschinen erfasste. Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts hätte in dem konkreten Fall, in dem sich der Arbeitgeber auf die Vermeidung von Diebstählen berief, eine Außenüberwachung des Tores ausgereicht. Die Kameras in der Produktionshalle, so das Gericht, sind ein unzulässiger Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers. Dieser hatte 10.000 € Schmerzensgeld gefordert und mit körperlichen Beschwerden, die als Folge der Videoüberwachung auftraten, argumentiert, konnte allerdings nicht belegen, dass seine gesundheitlichen Beschwerden tatsächlich durch die Kameras ausgelöst wurden.

Blaumachen und Videoüberwachung

Probleme mit seinem Arbeitgeber hat auch ein politischer Aktivist in Oakland, der sich krankmeldete, um an einer Demonstration teilzunehmen. Trotz Vermummung wurde er anhand des Nummernschildes seines Trucks identifiziert. Die Polizei kontaktierte daraufhin seinen Arbeitgeber, der ihn entließ, da er offensichtlich nicht krank gewesen war. Auch wenn dies ein typischer "Blaumach"-Fall ist, so stellt sich doch die Frage, wie sich die immer stärker um sich greifende Überwachung auch auf das Privat- und Berufsleben auswirken wird. Interessant dabei ist, dass die Polizei die Bilder der Videoüberachung überhaupt an den Arbeitgeber sandte. Fragen dazu, wieso dies geschah, wurden bisher nicht beantwortet.

Der Stadtrat von Oakland hat derweil einstimmig beschlossen, weitere 2 Mio. Euro für die Ausweitung der Überwachungskapazitäten zu gewähren. Das Domain Awareness Center soll öffentliche und private Kameras und Sensoren in der ganzen Stadt zu einem Massenüberwachungssystem kombinieren. Die Videos und Daten werden im DAC gesammelt und dann mit Kennzeichenerkennung, Bewegungs-, Gesten und Gesichtserkennung etc. analysiert. Als Ziel des DAC wird nicht Verbrechensprävention angegeben, sondern die verbesserte Antwortzeit und Koordination der Ersthelfer. Inwiefern die Daten zu "false positives" und insofern zur Bindung von dringend benötigten Ersthelfern führen werden, wurde indes nicht geprüft.

Fehlende Statistiken

Im Rahmen einer parlamentarischen Anfragebeantwortung wurden jetzt nähere Zahlen zur polizeilichen Videoüberwachung in Österreich bekannt. Diese gibt es an 17 Standorten im gesamten Bundesgebiet. Die monatlichen Betriebskosten betragen knapp 9.200 Euro, dazu kommen noch fast 19.000 Euro Personalkosten. Konkrete kriminalpolizeiliche Erfolge durch den Einsatz von Videokameras konnten nicht aufgezeigt werden, da keine entsprechenden Statistiken geführt werden.

An immerhin 9 der 17 Standorte ist aber 2011/2012 ein Rückgang der Straftaten gegenüber 2009/2010 zu vermelden, wobei aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass es zu Verdrängungseffekten kommt und sich die Kriminalität nur an andere Orte verlagert. Laut Innenministerium kann aber die Verdrängung von bestimmten Arten der Kriminalität an andere Orte aber durchaus auch ein Ziel der Videoüberwachung sein. Hier zeigt sich, dass es letztendlich weniger um Prävention oder Krimininalitätsbekämpfung geht, sondern oft lediglich darum, bestimmte Bereiche zu säubern. Dass keinerlei Statistiken geführt werden ist seit Jahren bereits ein Kritikpunkt, wurde jedoch bisher nicht verändert.