Anklage gegen spanische Königstochter zum 75. Geburtstag der Königin?

Seit ihr Ehemann Urdangarin wegen dubioser Geschäfte angeklagt ist, zieht sich die Schlinge um die Infantin Cristina immer weiter zu

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Am Samstag will die spanische Königin Sofia den 75. Geburtstag feiern, doch als Geburtstaggeschenk droht eine Anklage gegen ihre Tochter, die der Königsfamilie die Feierlaune verderben könnte. Die Hinweise darauf, dass auch Infantin Cristina in die dubiosen Geschäfte ihres Ehemanns Iñaki Urdangarin verwickelt ist, verdichten sich immer weiter. Am Dienstag veröffentlichte die Zeitung "El Mundo" neue Dokumente, die ihre Darstellungen erschüttern, von den Vorgängen des ehemaligen Handballprofis nichts gewusst zu haben. Die bringen Urdangarin wegen Korruption, Steuerbetrug und Dokumentenfälschung auf die Anklagebank.

Die Zeitung hat nun einen Mietvertrag veröffentlicht, den Cristina für die Firma Aizoon unterzeichnet hat. Sie mietete für die Firma Räumlichkeiten im Palast Pedralbes von sich selbst für 12.000 Euro im Jahr an und unterschreibt deshalb auch als "Vermieterin" und als "Mieterin". Der Palast, auch Sitz von Aizoon, gehört der Infantin und Urdangarin. Beide hatten ihn für sechs Millionen Euro 2004 gekauft und für knapp drei Millionen renoviert. Stets fragten sich viele, woher das viele Geld stammte.

Bisher hatte Cristina stets erklärt, nichts von den Vorgängen gewusst zu haben. Doch mit dem Mietvertrag für Räume in der eigenen Wohnung, mit dem "fiktive Ausgaben" geschaffen worden sein sollen, "werden diese Argumente pulverisiert", schreibt El Mundo, schließlich hat Cristina gleich zwei Mal ihrer Unterschrift unter den Vertrag gesetzt. Bisher konnte sie das Ministerium für Staatsanwaltschaft (also die Regierung) noch genauso mit ihrer angeblichen Ahnungslosigkeit überzeugen wie die Steuerbehörde. Der Ermittlungsrichters José Castro, der den Herzog von Palma anklagt, hatte längst Strafermittlungen auch gegen sie eingeleitet. Er musste die aber wieder einstellen, weil die Staatsanwaltschaft sich dagegenstellte. Zur geplanten Vernehmung kam es deshalb nicht. "Man kann Cristina de Borbón nicht allein deswegen als Mittäterin sehen, weil sie Teilhaber an einer Firma ist", erklärte auch die Steuerbehörde bisher und lehnte ein Strafverfahren ab.

Diese Argumente waren schwach. Viele im Land gehen davon aus, dass nur ihre Stellung sie bisher vor einer Anklage schützte. Denn die 48-jährige Cristina war neben ihrem Ehemann alleinige und gleichberechtigte Partnerin von Aizoon. Im Jahr 2003 hatten beide die Firma gegründet und jeweils 1503 Euro dafür aufgebracht. Nach Angaben in der Steuererklärung bescherte Aizoon ihr und ihrem Mann allein im Jahr 2006 schon Einkünfte in einer Höhe von 571.000 Euro. Woher das Geld kam, hat sie scheinbar nicht interessiert. Doch das Geld floss von der Stiftung Nóos an Aizoon. Auch in der angeblich gemeinnützigen Stiftung saß Cristina im Aufsichtsrat. Zudem war ihr privater Sekretär Nóos-Schatzmeister, der auch angeklagt ist. Etwa sechs Millionen sollen vor allem aus Kassen der Regionalregierung der Baleareninseln und Valencia über Nóos, Aizoon und andere Firmen auch auf Konten von Urdangarin geflossen sein. Rechnungen für die Organisation von Veranstaltungen im Bereich Sport und Tourismus waren entweder völlig überhöht oder in Rechnung gestellte Leistungen wurden nie erbracht. Die Tatsache, dass sogar Spenden für behinderte Kinder veruntreut worden sein sollen, erregt viele Spanier besonders. Von den Spendeneinnahmen in Höhe von 620.000 Euro, mit denen diese Kinder über Sport gefördert werden sollten, erhielten sie nicht einmal 10.000 Euro.

Für Cristina kommen die neuen Veröffentlichungen nicht nur wegen des Geburtstags der Königin besonders ungelegen. Der Ermittlungsrichter Castro prüft ohnehin längst, sie als Beschuldigte wegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung vorzuladen. Schon Mitte Oktober wurde bekannt, dass die wegen des Trubels um ihre Person nach Genf umgesiedelte Cristina, direkt und privat kräftig vom Geld profitiert hat, das über kriminelle Vorgänge erworben wurde.

Zeitungen hatten Abrechnungen einer Visa-Goldkarte veröffentlicht. Die benutzte die Infantin über viele Jahre für private Ausgaben. Gespeist wurde die Karte von einem Aizoon Firmenkonto. Eine Safari in Südafrika, Hotel mit der ganzen Familie in Mozambique sind aber kaum übliche Firmenausgaben. Und wenn es sie wären, dann hätte Cristina auch bedeutsame Aufgaben in der Firma übernommen, was sie bestreitet. Auffällig war auch, dass fast ein Dutzend Zimmer im Hotel "Santa Chiara" in Rom für 5160 Euro gemietet wurden. Sonderbar sind auch die Ausgaben von fast 8000 Euro, mit denen Cristina für das freie Sprechen gecoacht wurde. Auch alle Harry-Potter-Bücher, Abonnements für Zeitschriften, Gourmet-Essen, Kinderkleidung und vieles mehr wurde mit der Karte bezahlt Nach Ansicht der Ermittler wurden auch damit Ausgaben produziert, um weniger Steuern bezahlen zu müssen.