Betreiber von Online-Plattformen wollen IETF-Standard für Avatare

Mit Hilfe der Internet Engineering Task Force wollen die Vertreter Virtual World Community Protokollstandards zum Austausch von Avataren aus verschiedenen Online-Welten etablieren.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monika Ermert
  • Volker Zota

Protokollstandards sollen künftig Kaffeekränzchen zwischen Avataren aus Second Life, World of Warcraft und Weblin möglich machen. Die Betreiber verschiedener Plattformen trafen sich dafür in der vergangenen Woche erstmals bei einer Konferenz der Internet Engineering Task Force (IETF) in San Francisco. Vertreter von Linden Labs präsentierten ihre Entwürfe für ihre Open-Grid-Architektur. Jon Watte von Forterra OLIVE stellte Live Entity State Stream (LESS) vor, bei dem Backends virtueller Welten gemeinsame Simulationen für ihre Nutzer ermöglichen. Heiner Wolf von Weblin riet, mit dem einfachen Austausch von Avatar-Identitäten über URLs zu starten.

Mit einer "Vision von offenen virtuellen Welten", begründete Mark Lentczner von Linden Research den Gang zur IETF. Mit der von der IETF standardisierten Internet Email und dem von W3C standardisierten Web hätten sich auch offene Welten durchgesetzt. Linden Research arbeitet seit rund eineinhalb Jahren gemeinsam mit IBM an Möglichkeiten für das sogenannte Teleporting – das Wandern von Avataren durch verschiedene virtuelle Welten. Dabei sollen sie auch noch möglichst dieselben bleiben, die sie in ihrer Herkunftswelt sind. Avatare seien nicht nur einfache "Identifier", sagte Lentczner. Vielmehr besäßen sie eine Vielzahl von Eigenschaften und Objekten, sie trügen ihre Kleider und würden auch gerne ihre Freundeslisten immer bei sich haben.

Die Linden-Hersteller reichten bei der IETF den umfänglichsten Satz an Dokumenten für eine mögliche Standardisierung ein: einen Entwurf zur Basisarchitektur von Open Grid, sowie die Bausteine Linden Lab Structured Data LLSD und Authentifizierung im Open Grid. Das Open Grid beschrieb Lentczner als dreifaltiges Protokoll mit "Viewer, Agent Domain und Region". Der Nutzer buche sich in sein Identitätsprofil ein, mit dieser Identität könne er sich bei allen Welten anmelden, die das Open Grid unterstützen. LLSD soll praktisch eine "Sprachbrücke" im Babel der virtuellen Welten schaffen, damit Management und Transport der Daten möglich wird.

Virtuelle Welten spielten auch im geschäftlichen Bereich eine immer größere Rolle, unterstrich Watte von Forterra, bekannt als Anbieter für virtuelle Trainingswelten des US-Militärs. Seit 2005 kämen Kunden mit der Frage der Integration von Simulationen etwa für Katastrophenübungen. Er bezeichnete das vom Militär genutzte Distributed Interactive Simulation (DIS) als Vorarbeit, von der man zwar lernen könne, die aber noch fehlerbehaftet seien. Für LESS unterstrich Forte die Notwendigkeit einer Kooperation der Backends für die gemeinsamen Simulationen. Die beiden zusammengeschalteten Welten würden einander "ihre Zustände spiegeln". Die Implementierung sei in wenigen Monaten zu machen, versicherte Watte.

Vertreter der deutschen Firma Weblin rieten dazu, sich erst einmal überschaubare Ziele zu setzen. Für eine einfache Virtual Presence Identity (VPI) könne die Hinterlegung der Avatar-Daten auf einer URL genügen, von der die entsprechende Welt diese beziehen könne. Für notwendige XML-basierte Authentifizierung werde OAuth eingesetzt. Wenn Second Life die Schnittstelle beziehe, könnten sich Weblin-Avatare dort ebenfalls tummeln, meinte Heiner Scholz von Weblin. Mit dem Vorschlag für das Web/HTTP-basierte Format (für Avatar-Daten wird MIME genutzt) adressiere man erst einmal die "niedrig hängenden Früchte".

Second-Life-Experte Christian Scholz von COM.lounge riet mit Blick auf die ausführlichen Debatten auf der IETF-Mailingliste, sich zunächst auf die Dinge zu stürzen, für die Interoperabilität in Reichweite liege: Portable Identity, Distributed Authorization, Service Discovery; ein einziger, umfassender Standard sei unrealistisch. Die Liste der Einzelprobleme sei lang, schrieb Scholz. Sie reiche von der Frage welche Datenformate im Umlauf sind, über die Simulations- und Anwesenheitsprotokolle bis hin zu den kniffligen Lizenz- oder möglichen DRM-Fragen.

Von Seiten erfahrener IETF-Entwickler hagelte es in San Francisco Kritik, weil die Problembeschreibung noch viel zu ungenau sei. Bis zum nächsten IETF-Treffen in Stockholm solle die Virtual World Community nachbessern. Schon kommen von dort die ersten Vorschläge, mehrere Arbeitsgruppen zu etablieren, da die vorgestellten Konzepte unterschiedliche Ziele verfolgten. (Monika Ermert) / (vza)