Kölner Landrichter ließen sich ein U für ein C vormachen

Landgericht Köln hielt RedTube-Streaming offenbar für Filesharing

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Die letzte Woche von der einschlägig bekannten Kanzlei Urmann und Kollegen (U+C) losgetretene Abmahnwelle wird immer skurriler. Am Wochenende war bekannt geworden, dass offenbar sogar an die 10.000 Abmahnungen wegen angeblich urheberrechtswidrigen Genusses von Streaming der niederländischen Pornoplattform RedTube versandt wurden. Das Landgericht Köln hatte den Internetprovider TELEKOM zur massenhaften Preisgabe von Kundenadressen gezwungen, obwohl bezweifelt werden darf, dass für entsprechende Auskunftspflichten erforderliche Fälle "offensichtlicher Rechtsverletzung" vorliegen.

Wie die Tageszeitung DIE WELT am Montag berichtete, begründete das Landgericht Köln die an die TELEKOM ergangenen Auskunftsgesuche mit Verstößen gegen § 19 UrhG, also des Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrechts. Sofern die Pornofreunde den Stream nur betrachtet haben, ohne ihn per Beamer öffentlich im Pornokino öffentlich aufzuführen, dürfte eine Penetration des § 19 UrhG ausscheiden. (UPDATE: Entgegen der Darstellung der WELT handelte es sich um § 19a UrhG (Recht der öffentlichen Zugänglichmachung), vgl. Beschluss des LG Köln.) Offenbar waren die Kölner Landrichter vielmehr mit dem Unterschied zwischen Filesharing und dem Betrachten von Streaming intellektuell überfordert, denn § 19a Urhg ergäbe nur beim Upload etwa in Tauschbörsen einen Sinn. Ob Streaming als rechtswidrige Vervielfältigung zu bewerten ist, darf man unter Hinweis auf § 44 UrhG (Zulässigkeit vorübergehender Vervielfältigungshandlungen) und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dann doch eher bezweifeln.

Nach wie vor unklar ist, wie die angeblich für die Nachforschung verantwortliche Schweizer Firma The Archive an die RedTube und den Abgemahnten zugeschriebenen Daten kam. Die offenbar laut Schweizer Handelsregister von zwei Deutschen geleitete Firma übt sich in eidgenössischer Diskretion.

Unterdessen meldet die Website torrentfreak.com, dass offenbar auch die in Deutschland stationierten Streitkräfte des US-Militärs Gefallen an kostenfreien Content gefunden haben. So informiert etwa das Wiesbaden Legal Center Legal Assistance Office die GIs darüber, dass die Forderungen für anwaltliche Abmahnhonorare inzwischen limitiert sind. Süffisant kommentieren die Torrentfreaks, dass "der Krieg gegen Piraten" ironischerweise für US-Soldaten die wohl größte Bedrohung in Deutschland sei.