Filesharing: BGH lehnt Störerhaftung für volljährige Familienmitglieder ab

Keine Belehrungspflicht gegenüber Volljährigen, wenn keine Anhaltspunkt für rechtswidriges Filesharing erkennbar sind

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Der Fall hatte es in sich: Beklagter war ausgerechnet ein Polizist, der selbst mit Urheberrechtsdelikten befasst war. Dessen Stiefsohn hatte 2006 mit BearShare Musik gebearsharet. Die Musikindustrie mahnte den Anschlussinhaber ab und forderte von diesem Schadensersatz iHv 2.841,- € sowie die Abmahnkosten. Der jedoch sah sich nicht in der Verantwortung für die Datenreisen des volljährigen Stiefsohns.

Das für seine AbmahnfreundlichKeit derzeit in der Kritik stehende Landgericht Köln hatte 2010 der Musikindustrie Recht gegeben. Wenn der Beklagte dem jungen Mann den Zugang zum Netz zur Verfügung stelle, dann sei es ihm auch zumutbar, den Filius zur urheberrechtlichen Tugend anzuhalten, ihm sogar ausdrücklich den Gebrauch von rechtswidrigem Filegeschare zu untersagen. Die unterlassene Moralpredigt sei eine Pflichtverletzung, für die es Lehrgeld zu zahlen gelte.

Der Bundesgerichtshof hob dieses Urteil heute auf und wies die Klage als unbegründet ab. Das Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige beruhe dem BGH zufolge auf familiärer Verbundenheit, Volljährige seien für ihre Handlungen selbst verantwortlich. Einer altklugen Belehrung bedürfe es nicht (wobei erwachsene Kids über Filesharing vermutlich ohnehin besser informiert sein dürften als die Altvorderen). Erst dann, wenn der Anschlussinhaber - etwa aufgrund einer Abmahnung - konkreten Anlass für die Befürchtung habe, dass ein volljähriger Familienangehöriger den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbrauche, sei eine Gardinenpredigt fällig.

Im vorliegenden Fall waren keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte erkennen konnte, wissentlich einen digitalen Tonräuber zu unterstützen. Das Urteil dürfte auf die bisherige Abmahnpraxis beträchtliche Auswirkungen haben, denn es stützt auch andere Entscheidungen unterer Gerichte, bei denen die Haftung für erwachsene Dritte abgelehnt wurde. Mithin reicht es nicht aus, den Anschlussinhaber abzumahnen und zu verklagen, vielmehr tragen die Abmahnenden das Risiko den Richtigen zu verklagen und dieses auch beweisen zu können. Erneut wurden diejenigen Abmahnopfer belohnt, die nicht voreilig klein bei gaben, sondern Geduld und Nerven bewiesen.

(BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12 - BearShare.)