Deutsch-brasilianische Placebo-UN-Resolution zum internationalen Datenschutz

Grünen Abgeordneter Ströbele kritisiert Bundesregierung für erneutes Einknicken in der NSA-Ausspähaffäre

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"Die Bundesregierung ist offensichtlich auf eine US-Intervention hin mal wieder eingeknickt. Sie wagt nicht einmal mehr, die Tatsache zu benennen, dass die massenhafte Ausspähung der Kommunikation die Menschenrechte der betroffenen Bevölkerung verletzt", kommentiert der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele den weichgespülten Entwurf einer UN-Resolution, die Deutschland gemeinsam mit Brasilien im Zusammenhang mit der NSA-Ausspähaffäre ausgearbeitet und vermutlich auf US-Druck hin entschärft hat.

Noch heute soll der Dritte Ausschuss der UN-Generalversammlung, der für Menschenrechte zuständig ist, den Resolutionsentwurf verabschieden. Nächste Woche, so wird erwartet, soll der Entwurf dann von der UN-Generalversammlung angenommen werden.

Die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International, Access, Electronic Frontier Foundation (EFF), Privacy International und Human Rights Watch haben in einem offenen Brief an die Generalversammlung diese aufgefordert, die Resolution zu unterstützen, weil damit das erste Mal seit 25 Jahren wieder das Recht auf Schutz der Privatsphäre zum Thema würde. Sie warnen, dass dem Druck der USA nicht nachgekommen werden dürfe.

Wie die taz berichtet, fehlten aber in dem nun zur Verabschiedung stehenden Entwurf zentrale Formulierungen, die in der ersten Fassung noch enthalten waren. Als Beispiel werden u.a. angeführt:

- Im neuen Text, der der taz vorlieg, fehlt der Hinweis, dass es sich bei der Ausspähung um "Menschenrechtsverletzungen" handelt. Jetzt heißt es, man sei besorgt über die negativen Folgen, die solche Ausspähung für die Ausübung der Menschenrechte haben könne.

- Auch an anderen Stellen wurden Bezüge verändert. So taucht das Wort "illegal" im Zusammenhang mit Ausspähmaßnahmen nicht mehr auf – es wurde durch "ungesetzlich" ersetzt. "Das entspricht der US-Position, dass die Ausspähung von Nicht-US-Bürgern außerhalb der USA der Gesetzeslage in den Vereinigten Staaten entspricht", kommentiert die taz.

Ströbele bezeichnete das Einknicken der Bundesregierung im Hinblick auf den Resolutionsentwurf als "mutlos" und meint, dass die Bundesregierung "so willfährig ... niemals einen wirksamen Schutz der Deutschen vor umfassender Ausspähung vor allem durch die NSA erreichen" wird.

Ströbele hatte gestern in einer "dringlichen Frage" die Bundesregierung um Erklärung für den entschärften Resolutionsentwurf gebeten:

"Warum hat die Bundesregierung die von ihr am 1.11.2013 zusammen mit Brasilien bei den Vereinten Nationen beantragte Resolution zu Datenschutz gegen geheimdienstliche Massenausspähung (Nr. A/C.3/68 L.45), worin sie sich 'tief besorgt über Menschenrechtsverletzungen und Missbräuche' durch solche Praktiken erklärt hatte, nach Intervention der anglo-amerikanischen 'Five Eyes'-Überwacherstaaten ('US-redlines'), nun im 3. Ausschuss der VN-Generalversammlung erheblich entschärft?"

Außerdem wollte er wissen, ob

"die Bundesregierung sich - dem kürzlichen Offenen Protestbrief dagegen sowie Appell von Amnesty International, Human Rights Watch und 3 weiteren internationalen NGOs folgend – entsprechend ihrem Ausgangsentwurf bei der Abstimmung diese Woche in der VN-Generalversammlung wieder für einen strikteren Schutz gegen diese Geheimdienst-Praktiken einsetzen?"

Die taz berichtet weiter, dass sich gut 20 Länder, darunter auch Franreich, dem Resolutionsentwurf angeschlossen haben. Allerdings: Eine rechtliche Verbindlichkeit wird durch die Resolution nicht entstehen, "Resolutionen der Generalversammlung sind reine Willensbekundungen."