Abschaltung von spanischem Fernsehsender verhindert

Da 1.200 kritische Journalisten wiedereingestellt werden müssen, wollen die Konservativen im spanischen Valencia den Sender abwickeln, der nicht mehr ihrer Propaganda dient

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Der Held der Nacht ist "Paco Telefunken". Das ist der Spitzname von Francisco Signes. Er war beauftragt, das Signal des öffentlich-rechtlichen Regionalfernsehens RTVV in Valencia zu kappen. Paco Telefunken wurde unter massiven Polizeischutz in die Sendeanlagen in Burjassotr gebracht. Doch dort hat er sich mit den Journalisten solidarisiert und sich geweigert, den Auftrag durchzuführen. "Ich schalte Canal Nou nicht ab", erklärte er. Kanal Neun wird das Regionalfernsehen genannt, das in der Region in Valencianisch sendet, das praktisch gleich mit der katalanischen Sprache ist. Zwar ist das Radio abgeschaltet, es sendet nur noch übers Internet, doch das Fernsehen mobilisiert weiter und immer mehr Menschen versammeln sich in Burjassotr.

Die Freude der Journalisten des spanischen Regionalsenders RTVV über gewonnene Wiedereinstellungsklagen währte nur kurz. Der Oberste Gerichtshof in Valencia hatte kürzlich die Kündigungen von knapp 1200 Beschäftigten Anfang November rückgängig gemacht. Deshalb will die konservative Regionalregierung den Sender nun abwickeln und alle 1.700 Beschäftigten entlassen. Deren Präsident Alberto Fabra sagte nach dem Urteil unmissverständlich: "Die Schließung ist nicht verhandelbar."

Nachdem sich auch alle Oppositionsparteien mit den RTVV-Beschäftigten solidarisiert hatten, die sich über alle Widersprüche hinweg gegen die drohende Schließung aussprachen, signalisierte die Regierung der Volkspartei (PP) zunächst Verhandlungsbereitschaft. Vize-Regierungschef José Ciscar sagte zwar, die Position der Regierung habe sich "nicht verändert", er versicherte aber, eine Studie des Betriebsrats werde "seriös" geprüft.

Der Betriebsrat hatte der Regierung eine Studie vorgelegt, die aufgezeigt hatte, dass der Sender nachhaltig betrieben werden kann. "Eine Schließung ist teurer als der Weiterbetrieb", erklärte der Vizepräsident des Betriebsrats Vicent Mifsud. Er rechnet vor, dass die Schließung wegen hoher Abfindungen 130 Millionen Euro koste, er Weiterbetrieb aber nur 76 Millionen. Die Vorschläge sahen vor, über Kurzarbeit, Streichung von Überstunden und eine begrenzte Stellenstreichung mit Sozialauswahl die Gesamtzahl der Arbeitsstunden um bis zu 43 Prozent zu senken.

Doch eine ernsthafte Prüfung fand nicht statt. Am späten Mittwoch beschloss die PP mit ihrer absoluten Mehrheit die Schließung, ohne auch nur auf die Vorschläge des Betriebsrats einzugehen. Die sofortige Veröffentlichung der Entscheidung im Gesetzesblatt in einer Sonderausgabe ließ vermuten, dass die Konservativen sehr schnell Fakten schaffen würden.

Es ist für die Beschäftigten klar, dass die PP keinen Sender will, wenn der nicht Propaganda für ihre Partei macht. Denn im Programm durften die PP-Politiker und deren Projekte nur positiv dargestellt werden. "Die Lügen in Canal Nou waren so extrem, dass man sich geschämt hat", erklärte die Journalistin Iolanda Marmol. Nun gefällt es der Partei nicht, dass im Programm darüber berichtet wird, wer für den Niedergang des Senders verantwortlich ist, weshalb er schnell zum Schweigen gebracht werden soll.

Denn als die Konservativen 1995 die Regierung übernahmen, beliefen sich die RTVV-Schulden auf 22 Millionen Euro. Sie sind seither auf 1,1 Milliarden Euro explodiert. Das ist symptomatisch in einer Region, die als Griechenland Spaniens und als extrem korrupt gilt. Die Zahl der Beschäftigten bei Canal Nou hatte sich unter PP-Herrschaft in wenigen Jahren mehr als verdreifacht. Per Fingerzeig, ohne Auswahlverfahren, seien Parteigänger eingestellt und kritische Journalisten kaltgestellt worden. Eine "Parallelredaktion" sei als "Propagandabüro" der Regierung geschaffen worden.

2009 hatte sogar der Ombudsmann der Region der Sendungsleitung gefordert, "Maßnahmen zu ergreifen, um den Prinzipien der Objektivität, Wahrheitstreue, Unparteilichkeit und dem Respekt vor der politischen Pluralität gerecht zu werden". Weil RTVV zuvor als PP-Propagandasender galt, waren die Quoten sukzessive von 20 Prozent auf vier Prozent gesunken. Damit brachen auch Werbeeinahmen ein, womit die Schulden wuchsen. In den letzten Wochen hat sich die Berichterstattung verändert und sich die Einschaltquote verdreifacht.

RTVV dürfte nun das Vorbild für die Konservativen sein, das sich bei Telemadrid wiederholen dürfte. Denn die Lage im Madrider Regionalsender ist sehr ähnlich. Auch der PP-Regierungschef Ignacio González fürchtet, dass seine Säuberung vom Arbeitsgericht kassiert wird und 900 der knapp 1.200 Beschäftigten wieder eingestellt werden müssen. "Mir bleibt keine andere Wahl als die Schließung", sagte er, "wenn sich die Gewerkschaften durchsetzen".