Klagefront gegen spanischen Solarwirrwarr

Auch die Deutsche Bank und die französische BNP ziehen vor den Gerichtshof für Investitionsschutz bei der Weltbank

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Die Energiepolitik der spanischen Konservativen kommt auch immer mehr Investoren ziemlich spanisch vor. Wie nun bekannt wurde, haben auch zwei große Investmentfonds gegen Spanien geklagt, weil das Sonnenland die Spielregeln im Spiel geändert und die Vergütung für Strom aus solarthermischen Anlagen rückwirkend gekürzt hat. Berichtet wurde, dass schon am 22. November Investmentfonds ein Schiedsgerichtsverfahren am "Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten" (ICSID) angestrengt, das seinen Sitz in Washington hat und der Weltbankgruppe angehört.

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El Carpio Thermosolar Abengo Cordoba. Bild. R. Streck

Ein Kläger ist die Deutsche Bank, die hinter RREEF Infrastructure Limited steht und RREEF Pan-European Infrastructure Two Lux managt. Die zweite Klägergruppe bilden die Gesellschaften Antin Infrastructure Services Luxembourg und Antin Energía Termosolar BV, hinter denen federführend die französischen Großbank BNP steht. Nun stemmen sich zwei der größten europäischen Banken gegen die undurchsichtige Energiepolitik Spaniens.

Sie dürften sich auch über den Tisch gezogen fühlen. Sie hatten solarthermische Anlagen von dem spanischen Bauriesen ACS übernommen. RREEF und Antin kauften von ACS 90 Prozent der Anteile an Andasol 1 und Andasol 2 für rund 830 Millionen Euro in der andalusischen Provinz Granada. Wusste ACS, mit seinen engen Verbindungen in die spanische Regierung von dem Vorhaben, die Einspeisevergütung rückwirkend zu kürzen und stieß deshalb Anlagen ab? Dass der von Florentino Pérez beherrschte hochverschuldete Konzern auch unsauber agiert, konnte bei der feindlichen Übernahme des deutschen Baukonzerns Hochtief beobachtet werden. Der Konzern wird zerschlagen, wie stets befürchtet wurde, auch wenn das ACS das stets geleugnet hatte. Doch Pérez hatte zuvor auch stets abgestritten, Hochtief überhaupt übernehmen zu wollen, und so einen Vertrauten im Hochtief-Aufsichtsrat platzieren können, der die nötigen Informationen für die feindliche Übernahme lieferte.

In den vergangenen 19 Jahren, seit Spanien die Konvention über die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten akzeptiert hat, wurde das Land zweimal vor diesem Schiedsgericht angeklagt. Allerdings hatte der spanische Ölmulti Repsol Argentinien im vergangenen Jahr wegen der Verstaatlichung seiner argentinischen Tochter YPF vor der ICSID verklagt. Hier zeichnet sich in den Verhandlungen außerhalb des Gerichts aber eine Lösung ab.

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Riesige Thermosolar-Anlage in Torresol wirkt aus der Ferne fast wie ein See bei San José del Valle. Bild: R. Streck

Doch nicht nur die Großbanken klagen gegen eine rechte Regierung, die mit aller Gewalt den Aufschwung der erneuerbaren Energien ausbremst, seit sie vor zwei Jahren an die Macht kam. Derweil schwillt eine regelrechte Klagewelle gegen das Chaos in der spanischen Energiepolitik an. Schon im Frühjahr hat der spanische Abengoa-Konzern die Regierung in Madrid verklagt. Dieses Schiedsgerichtsverfahren wird vom Ständigen Schiedshof in Den Haag entschieden werden. Der auf Umwelttechnik, Energieversorgung, Telekommunikation und Logistik spezialisierte Konzern ist Weltmarktführer im Bereich Solarthermie.

Abengoa-Geschäftsführer Manuel Sánchez Ortega war im April der Kragen geplatzt. Er hatte eine "Milliarden-Enteignung" durch die konservative Regierung moniert. Durch rückwirkende Kürzungen würden "fünf Milliarden Euro" enteignet, sagte Ortega. Er kündigte an, auf "allen Wegen", die "national und international zur Verfügung stehen", dagegen vorzugehen. Eine der erfolgreichen Firmen des Landes beschränkte die Kritik nicht nur allein auf die Energiepolitik. Man könne "Wettbewerbsfähigkeit" nicht auf Basis der "Verarmung" des Landes und der Bevölkerung steigern, fügt er mit Blick auf ständige Kürzungen von Löhnen und Sozialleistungen bei steigenden Steuern an. Ortega warb für eine Reaktivierung der Wirtschaft nach Vorbild der USA.

Nicht nur Firmen, die auf Solarthermie setzen, verklagen Spanien. Schon zuvor haben internationale Investmentfonds Spanien schon wegen rückwirkender Kürzungen im Bereich der Photovoltaik verklagt. 16 große Firmen und Fonds strengten im November 2011 ein Schiedsgerichtsverfahren an. Spanien habe sich auf das Niveau eines Drittweltlandes begeben, in dem es keine Rechtssicherheit gäbe, meint auch der Verband von kleinen Solarstromerzeugern Anpier. Der klagt schon vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. "Die Regierung hat Investoren angeregt, ihr Geld in erneuerbare Energien zu stecken und ihnen bestimmte Konditionen garantiert, die nun gebrochen werden", sagte der Anpier-Präsident Miguel Ángel Martínez Aroca. Um etwa 40 Prozent sei über verschiedene Wege die eingeplante Vergütung gekürzt und viele Anleger ruiniert worden.

Rechtssicherheit hatten vergangene Woche auch die großen Stromerzeuger Europas beim Treffen mit EU-Energiekommissar Günther Oettinger gefordert. Und der hatte Spanien schon mehrfach gewarnt, "das Vertrauen von Investoren" dürfe nicht untergraben werden. Oettinger meint auch, dass erneuerbare Energien dem Land helfen würden, seine extreme und teure Energieabhängigkeit zu mindern, das sei langfristig billiger, als teuer Gas und Öl zu importieren.

Auch Regionalregierungen klagen schon vor dem Verfassungsgericht gegen die Reformen. Ganz besonders umstritten ist, dass sogar der Eigenverbrauch von Strom aus erneuerbaren Energien besteuert werden soll, womit sich das nicht mehr rentiert und die Energiewende vollends in Spanien abgeklemmt wird.