Versagensängste herbeiloben

Studie: Übertriebenes, personenbezogenes Lob kann auf Kinder demotivierend und kontraproduktiv wirken

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Es soll ja Mütter und Väter geben, die in Kleinkind-Spielgruppen oder am Spielplatz genervt zusammenzucken, wenn andere Elternteile den Nachwuchs derart loben, als ob dieser mit seinem Krakel-Blatt bzw. Sand-Häufchen gerade den nächsten Beweis erbracht habe, dass es sich bei dem kleinen Mensch um ein Wunderwerk an Talenten handelt - "supertoll, wunderbar, fantastisch". Für diese Zeitgenossen halten Psychologen der Universität in Southampton und Ohio eine interessante Information bereit.

Wie die Forscher in ihrer Studie über das Loben von Kleinkindern herausgefunden haben, kann übertriebenes Lob zum Gegenteil des erwünschten Effekts führen. Statt die Kleinen damit zu weiteren großen Leistungen zu animieren, kann die Absicht fehlschlagen – die Kleinen wollen nicht weitermachen und ziehen sich zurück, sie verweigern weitere Leistungsnachweise, weil ihnen das Lob wie ein Superstandard vorkommt, den sie nicht mehr erfüllen können.

Zumindest bei Kindern mit kleinerem Selbstwertgefühl sei das Risiko gegeben, so der niederländische Autor der Studie Eddie Brummelman, der seine Feststellung mit Experimenten an der Ohio State University erhärtete. Dass falsch adressiertes Lob bei Kindern mit schwach ausgeprägtem Selbstwertgefühl "nach hinten losgehen kann", hat Brummelman schon in einer Studie, die Anfang 2013 veröffentlicht wurde, ermittelt.

Damals ging es seinen Kollegen und ihm um die Unterscheidung zwischen handlungsbezogenem und personenbezogenem Lob. Richtet man das Lob zu sehr auf die Person bzw. die persönlichen Qualitäten des Kindes statt auf die tatsächliche Handlung, bzw. das daraus resultierende Produkt, so könnten damit Versagensängste und Schamgefühle befördert werden, fanden die Psychologen heraus.

In der Nachfolgeuntersuchung, die demnächst im Fachmagazin Psychological Science veröffentlicht wird, zeigte sich, dass Kinder mit schwachem Selbstwertgefühl, die mit übertriebenem Lob bedacht wurden, bei einem Experiment dazu neigten, die einfachere Aufgabe zu wählen. Dabei ging es darum, Bilder zu kopieren - leichte, zu denen man ihnen sagte, dass sie zwar einfach seien, dass sie dadurch aber nicht viel lernen würden und schwierigere, bei denen sie wahrscheinlich Fehler machen würden, wobei sie aber viel lernen könnten.

Kinder mit ausgeprägtem Selbstwertgefühl zeigten sich dabei dem überschwänglichen Lob gegenüber ziemlich robust. Sie machten sich unverdrossen an die Arbeit und kopierten ein Bild von van Gogh. Das ist möglicherweise eine Information, die den eingangs genannten genervten Eltern doch nicht viel hilft.