Niedersachsen: Ministerin fordert zentrale Datenbank zu militärischer Forschung

An zehn Hochschulen in Niedersachsen wird für Militär und Rüstung geforscht. Mehr als 100 Forschungsvorhaben gab es seit Beginn des Jahrtausends. Die Unis verdienen damit Millionen. Die Projekte sollen zukünftig in einer Datenbank erfasst werden.

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  • dpa

Wissenschaftler in Niedersachsen sind möglicherweise deutlich häufiger in militärische Forschungsprojekte eingebunden als bislang bekannt. Laut einer Umfrage des hiesige Wissenschaftsministeriums gab es von 2000 bis 2013 an zehn Hochschulen und elf außeruniversitären Einrichtungen 148 entsprechende Forschungsprojekte. Darüber hatte am Montag zunächst NDR Info berichtet.

Der Liste zufolge verteilen sich die militärischen Forschungsprojekte auf Hochschulen in Hannover, Clausthal, Lüneburg, Braunschweig, Oldenburg und Göttingen. Die Auftraggeber sind vielfältig, internationale Rüstungskonzerne gehören ebenso dazu wie die Bundeswehr oder das Bundesforschungs- und das Verteidigungsministerium.

Die Bandbreite der Forschung ist dabei groß: Sie reicht von Untersuchungen zur Video-Überwachung an der Leibniz Universität Hannover über die Zersetzung von Chemiewaffen an der Uni Göttingen bis hin zur Arbeit mit Drohnen und Raketen für US-Auftraggeber an der TU Braunschweig.

Die Hochschulen erhielten dafür von ihren Auftraggebern rund 25,3 Millionen Euro Drittmittel, ihre außeruniversitären Kollegen strichen knapp 6 Millionen Euro ein. Nach Angaben von Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic (Grüne) machten die militärischen Gelder aber nur 0,5 Prozent der Gesamtdrittmitteleinnahmen der Hochschulen aus. Diese beliefen sich im Abfragezeitraum auf rund fünf Milliarden Euro.

Das Ministerium hatte die Forschungsprojekte Ende 2013 abgefragt. Die 64 befragten Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen hatten bei der Unterzeichnung des Hochschulentwicklungsvertrags im vergangenen November Transparenz über ihre Forschung zugesagt.

Trotz der aktuellen Liste – 2008 hatte eine ähnliche Abfrage nur 28 militärische Forschungsprojekte in Niedersachsen ergeben – bleiben Fragen offen. Allein vier Hochschulen erwähnten in ihrer freiwilligen und nicht überprüften Meldung, dass sie 40 weitere vertraulich zu behandelnde Projekte betreiben. Die verweigerten Details wurden damit begründet, dass die Interessen Dritter davon betroffen seien. Selbst die Hochschulen wüssten oftmals nicht, was an den einzelnen Abteilungen für Forschungsprojekte liefen, erläuterte die Ministerin.

Dies will Heinen-Kljajic nun ändern. Generell sollen im Land alle Forschungsprojekte – militärische wie nichtmilitärische – künftig zentral gesammelt werden. Die Erfassung sei wichtig, um ethische Debatten anzustoßen. Nicht jede militärische Forschung sei generell schlecht und die Freiheit der Forschung verhindere ein weiteres Eingreifen der Politik, sagte die Ministerin.

Nur mit mehr Transparenz könne es eine Debatte darüber geben, ob sich Hochschulen an der Kampfdrohnenerforschung beteiligen sollten, sagte Heinen-Kljajic. Bei ausländischen Auftraggebern sei ebenfalls Skepsis gestattet, da die Verwendung der Forschungsergebnisse nicht immer nachvollziehbar sei. "Diese Transparenz muss für alle Forschungsprojekte gelten, die ein Risikopotenzial haben. In einer Demokratie kann es nicht sein, dass öffentlich geförderte Hochschulen hinter verschlossenen Türen forschen." (axk)