Wird der Deutschlandfunk zum Radio Vatikan?

Wenn ein Bischof zum Wäschewechsel in seinem Hauptwohnsitz erscheint, ist es für den öffentlich-rechtlichen Sender ein Nachrichtenblock von mehr als 15 Minuten wert

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Nachrichten aus Deutschland und der Welt sollen zwischen 12 Uhr und 13.30 Uhr im Deutschlandfunk unter der Rubrik Informationen am Mittag täglich gesendet werden. Am 3. Februar werden manche Hörer kurz nach 12 Uhr ihren Ohren nicht getraut haben, als mehr als 15 Minuten lang über das wahrlich weltbewegende Thema article_id=276492: berichtet wurde, dass der Limburger Bischof Tebartz von Elst, der vom Papst für einige Monate ins Kloster geschickt worden war, auf seinem herrschaftlichen Bischofssitz beim Wäschewechseln gesehen worden sei. Selbst einem Gottesdienst soll er beigewohnt haben.

Diese Nachricht, die wohl viele Rundfunkhörer nicht mal unter der Rubrik "Klatsch und Tratsch" beachten würden, war für die Sendeleitung des Deutschlandfunks so wichtig, dass nach einer ausführlichen Darstellung des Streits im Bistum Limburg noch ein Kirchenexperte des Senders und ein Sprecher der Initiative "Kirche von unten" mit einem article_id=276497: Interview zu Wort kamen. Letzterer wurde seinem bischofskritischen Ruf wenig gerecht, sondern sprach sich für eine zweite Chance für den Limburger Bischof aus.

Die Katholiken können unter sich ausmachen, wie sie mit ihrem Bischof umgehen und ob sie auch etwas mehr Mitbestimmung in ihre Organisation bringen wollen, warum muss aber darüber in einem öffentlich-rechtlichen Medium wie dem Deutschlandfunk mehr als eine Viertelstunde lang berichtet werden? Was hat die Meldung über den Wäschewechsel des Bischofs in seinem Hauptwohnsitz in einer Sendung verloren, die die Hörer über die Neuigkeiten in Deutschland und der Welt informieren soll? Versteht der Deutschlandfunk derart seinen Auftrag zur politischen Information, womit die öffentlich-rechtlichen Sender schließlich ihre Finanzierung über den Rundfunkbeitrag rechtfertigen?

Nun könnte man einwenden, dass auch religiöse Menschen zu den Rundfunkhörern und Gebührenzahlern gehören. Doch dafür gibt es täglich die Nachrichten aus Kirche und Religion im Deutschlandfunk. Dort hätte eine solche Meldung, wenn man sie denn überhaupt für eine hält, vielleicht ihren Platz gehabt.

Gegen "Homosexualität als europäische Leitkultur" und "pädophile Umtriebe"

Regelmäßige Deutschlandfunkhörer monieren, dass die religiöse Einfärbung von Informations- und Nachrichtensendungen des Senders in der letzten Zeit auffällig zugenommen haben, was dem Sender dem Spitznamen "Radio Vatikan" eingebracht hat. So sorgte ein völlig unkritisches Interview mit Tobias Teuscher, dem Europawahlkandidaten der ultrakonservativen Bewegung Lebensschutzbewegung Force Vie, ebenfalls in der Sendung Information am Mittag des Deutschlandfunks, für große Kritik.

Auf rechten Internetforen wurde das Interview begeistert rezipiert. Teuscher warf Kommunisten, Sozialdemokraten und Grünen vor, gemeinsam mit den Liberalen Homosexualität als Leitkultur in Europa festschreiben und pädophile Umtriebe fördern zu wollen. Der Deutschlandfunk-Moderator, der das Interview führte, stellte keinerlei kritische Fragen, sondern betätigte sich eher als Stichwortgeber.

Das verwundert wenig. Denn der Moderator Jürgen Liminski ist Mitglied im katholischen Opus Dei, dem konservativen Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie e.V. und dem Aktionsbündnis Familie. Liminski publiziert regelmäßig bei der rechtskonservativen Jungen Freiheit.