Alice Schwarzer bedauert Fehler "von ganzem Herzen"

Nachdem der Spiegel ein "Steuergeheimnis" der Frauenrechtlerin gelüftet hat, gesteht Schwarzer einen Fehler ein und wirft dem Nachrichtenmagazin "Rufmord" vor

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der Spiegel berichtete heute mittag über das "Steuergeheimnis" einer Frau, die als "Galionsfigur der Frauenbewegung" gilt und mit ihren prononciert moralischen Positionen, etwa zur Prostitutionsdebatte, polarisiert.

Der Artikel des Nachrichtenmagazins weist zwar daraufhin, dass Schwarzer schon im letzten Jahr Selbstanzeige erstattet und die Steuerschulden getilgt habe, womit sie ihre Steuerpflicht erfüllt habe, aber im Fall Schwarzer ist freilich klar, dass die Enthüllung eine öffentliche Erregung zur Folge hat: "Eine weitere moralische Instanz in Deutschland hat den Steuerbehörden ein Konto in der Schweiz verschwiegen", schreibt die Zeit zurückhaltend, das Motiv wird auch von anderen Medien erregt aufgenommen; man kann sich Diskussionen vorstellen, wo die moralische Instanz nun mit Ingrimm zerpflückt wird.

Frau Schwarzer hat schnell reagiert, auf ihrem Blog schreibt sie von Rufschädigung und Rufmord. Sie gesteht einen Fehler ein, beklagt demgegenüber aber den sehr viel größeren Schaden, der ihr jetzt durch die Veröffentlichung im Spiegel zugefügt worden sei. Andere Medien hätten auf die Veröffentlichung verzichtet, so Schwarzer. Der Spiegel aber habe einen "Dammbruch für die Medien" eingeleitet. Mit dem "Präzidenzfall Schwarzer" (inwieweit ist er das?) werde in Sachen Persönlichkeitsschutz "die eh schon tiefe Latte noch niedriger gehängt. Illegal? Persönlichkeitsverletzung? Na und!"

Es gebe Fehler, die man nicht wieder gutmachen kann. Ihrer gehöre nicht dazu: "Steuerfehler (..), wie ich einen gemacht habe, kann man wieder gutmachen (Und das sieht auch das Gesetz ausdrücklich so vor). Und genau das habe ich getan." Rufmord dagegen könne nicht wieder gut gemacht werden. Das wird manche Männer zum Nachdenken bringen, die sich von den Schwarzweiß-Richtig-Falsch-Positionen der Prostitutionsgegnerin denunziert fühlen. Wie Frau Schwarzer jetzt in der Sache "Steuergeheimnis".

Wofür Frau Schwarzer in Fragen der Gerechtigkeit für Frauen steht, hat nichts mit dem Steuergesetz zu tun, stimmt schon. Da sie aber in ihren Auftritten oft sehr prinzipell zugange ist, pauschal, ohne Einzelfälle zu berücksichtigen, wird Prinzipientreue nun zum Thema, das die beiden völlig unterschiedlichen Felder in der öffentlichen Diskussion überbrückt: die Sexualmoral und die Steuermoral.

Ihr persönliches Unrechtsbewusstsein gegenüber den Zinsen, die sich auf ihrem schweizer Bankkonto anhäuften, die aber nicht als Einkommen versteuert wurden, habe sich "erst in den letzten Jahren geschärft", schreibt sie. Dass Alice Schwarzer bei ihren "Feldzügen" mit "Zahlen argumentierte, die keine empirische Basis haben", spricht dafür, dass sie Zahlen möglicherweise nicht genau anschaut. Anhand der Summe, um die es geht - "Ich habe für die letzten zehn Jahre gesamt rund 200.000 € Steuern nachgezahlt, plus Säumniszinsen", zeugt dies von einer gewissen Nonchalance.