Nun auch spanische Königstochter vor Gericht

Anschuldigung wegen Steuerbetrug und Geldwäsche gegen die Königstochter lassen das Ansehen der Monarchie noch tiefer sinken

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Dass die Spanier ihr Land zu den korruptesten in Europa zählen, dafür sind auch dubiose Vorgänge in der Monarchie verantwortlich. Bestätigt hat das auch die EU-Kommission in einem Bericht, der vergangene Woche vorgelegt wurde.

Richter wird gefeiert, weil er nicht eingeknickt ist

Neben den Skandalen der regierenden Volkspartei (PP) hat dazu beigetragen, dass am Samstag mit der Königstochter Cristina erstmals ein Mitglied der Königsfamilie sich vor Gericht verantworten muss. Während Hunderte Monarchiegegner vor dem Gericht in Palma de Mallorca protestierten, hat Untersuchungsrichter José Castro die Tochter von König Juan Carlos de Borbón über mehr als sechs Stunden vernommen, der Steuerhinterziehung und Geldwäsche vorgeworfen wird. Vor dem Gericht ließen die Demonstranten den Richter hochleben, weil er trotz aller Widerstände nicht eingeknickt ist.

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"Ich habe meinem Mann vertraut" (El-Pais)

Er ermittelt schon seit zwei Jahren gegen den Ehemann der 48-Jährigen und hatte schon einmal versucht, die Königstochter als Beschuldigte zu vernehmen. Denn sie soll in die dubiosen Geschäfte des ehemaligen Handball-Profis Iñaki Urdangarin verwickelt sein. Dem wird vorgeworfen, dass er mit einem Geschäftspartner über die Stiftung Nóos, in deren Aufsichtsrat Cristiana ebenfalls saß, sechs Millionen Euro aus Steuermitteln veruntreut hat. Das Geld sei über Scheinfirmen gewaschen worden, zu denen auch die Firma Aizoon gehörte.

Die Firma wurde von Urdangarin und der Königstochter gemeinsam gegründet, hatte ihren Sitz an deren Wohnsitz im Palast Perdralbes und beide waren zu gleichen Anteilen an ihr beteiligt.

Nur ausweichende Antworten

Als Cristina gegen 10 Uhr mit dem Auto vor die Tür gefahren wurde, lächelte sie und gab sich selbstsicher. Anders als ihr Ehemann, der vor einem Jahr die Rampe zu Fuß hinabgegangen ist, verschwand Cristina nach wenigen Metern aus dem Blickfeld der vielen Kameras. Der Andrang war riesig, fast 400 Journalisten aus aller Welt waren akkreditiert, um dem einmaligen Vorgang beizuwohnen. Anders als ihr Gatte gab die Königstochter auch keine Erklärungen ab. Ihre Anwälte erklärten: "Sie ist ruhig".

Als Cristina das Gericht gegen 18 Uhr 15 wieder im Auto verließ, erklärte ihr Anwalt Jesús María Silva: "Ich glaube, aus dem langen Verhör wurde klar, dass alle Vorwürfe ausgeräumt wurden, und dass die Infantin unschuldig ist." So zuversichtlich zeigt sich auch Miquel Roca. "Sie hat mit der Justiz ohne Privilegien zusammengearbeitet" und "Frage für Frage" über ihre Beteiligung berichtet, "so wie sie es für richtig hält". Es sei bewiesen, dass "die Justiz funktioniert" und "vor dem Gesetz alle gleich sind", fügte ihr zweiter Anwalt hinzu.

"Zwischen Liebe und Ignoranz" titelt El-Mundo)
"Zwischen Liebe und Ignoranz" (El-Mundo)

Die Nebenkläger sahen das anders. Der Anwalt der linken "Frente Civico" fand es genauso "beschämend" wie der Vertreter der rechtsradikalen Organisation "Manos Limpias", dass sie fast nur ausweichend geantwortet habe. Anwalt Manuel Delgado kritisierte, sie habe auf Fragen des Richters vor allem erklärt: "Das weiß ich nicht." Hoch im Kurs stand auch: "Das ist mir nicht bekannt" oder sie habe sich nicht erinnern können.

Sie habe nur kurz geantwortet, um sich nicht in Widersprüche zu verwickeln. Die Verantwortung gab sie an ihren Mann ab. Sie will nicht einmal gewusst haben, in welchen Firmen sie in Führungsgremien saß. Angeblich wusste sie nicht einmal, dass sie gemeinsam mit Urdangarin Aizoon gegründet hat: "Damit hat sich mein Mann befasst und ich hatte vollstes Vertrauen in ihn." Das war der wohl längste Satz von ihr in der gesamten Vernehmung.

Alles als Firmenkosten abgerechnet, von Hotelaufenthalten der gesamten Familie bis zu den Harry-Potter-Büchern

"Glaubten Sie, das würde durchgehen?", fragte der Richter die Infantin und legte ihr mehr als 400 Dokumente vor, die ihre Verstrickung in die Vorgänge beweisen sollen. Darunter war auch ein Mietvertrag, den sie sogar als "Vermieterin" und "Mieterin" unterschrieben hat. Sie vermietete damit Räume an Aizoon im eigenen Palast in Barcelona, der für sechs Millionen Euro gekauft und für weitere drei Millionen renoviert worden war. Sie habe aber "keine Ahnung" gehabt, dass sich dort auch der Firmensitz befand, sagte sie.

Castro legte ihr auch Abrechnungen ihrer Kreditkarte vor, mit denen das Aizoon-Konto belastet wurde. Eine Safari in Südafrika, Hotelaufenthalte der gesamten Familie und sogar alle Harry-Potter-Bände für die Kinder, Gourmet-Essen und Kinderkleidung wurden als Firmenkosten abgerechnet. Diese "fiktiven Ausgaben" der Firma hätten dazu gedient, Geld zu waschen, das von Nóos kam, und Steuern zu hinterziehen. Davon habe sie genauso wenig etwas gewusst wie von der Anstellung illegaler Einwanderer, die, mit Schwarzgeld vorbei an Steuer und Sozialversicherung bezahlt, in ihrem Haus arbeiteten. Sie wurden vor ihr persönlich ausgewählt, hatten die Angestellten aber bezeugt.

Hunger in Spanien, Elefantenjagd der Royals in Afrika

Cristina wird ihre Version nicht abgenommen. Sie habe sich an eine gut einstudierte Rolle gehalten. Das Drehbuch dazu hätten ihre Anwälte geschrieben. Auch die große konservative Zeitung El Mundo kommt am Sonntag im Editorial zum Ergebnis, dass "ihre Aussagen unglaubwürdig und unhaltbar" waren. Die Zeitung fordert, dass Cristina nun "auf alle Privilegien verzichten" müsse, weil sie sonst "der Monarchie als Institution weiter Schaden zufügt".

Schaden hat auch der Monarch, einst vom Diktator Franco als Nachfolger ernannt, der Institution mit seinen fatalen Fehltritten selbst zugefügt. Während in Spanien sechs Millionen Menschen ohne Job sind und Kinder wieder Hunger leiden, stürzte er bei einer geheimen Elefantenjagd in Afrika und entschuldigte sich halbherzig dafür.