Mashup-Möglichkeiten machen Plakatwahlkampf interessanter

Wie über Parodien eine Kommunikation mit dem Wähler entsteht

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Wahlplakate werden von den meisten Menschen als Ärgernis empfunden. Selbst jene, die sich von den fast immer ausgesprochen schlichten Slogans angesprochen fühlen, halten sie im Regelfall für Geldverschwendung. Bei anderen Menschen wecken die Bilder und Botschaften dagegen häufig Aggressionen.

Durch die allgemeine Verfügbarkeit billiger Bildbearbeitungsmöglichkeiten können solche Aggressionen künstlerisch kanalisiert werden. Ein Effekt, dessen Ergebnisse sich mittlerweile nicht mehr nur auf Flickr und in Blogs finden, sondern auch auf den Straßen, wo Plakatparodien auf Widersprüche hinweisen, Lügen entlarven und Unsinn bloßstellen.

Bereits im Europawahlkampf wurden beispielsweise die Plakate des CSU-Kandidaten Bernd Posselt, der ein bisschen an Oliver Hardy erinnert, mit Zusatzslogans wie "Für eine schlanke EU" und "Münchens Stimme an Brüssels Buffet" ergänzt. Auf die Negativkampagne der SPD, die Fehler anderer Parteien anprangerte, reagierte man in Berlin mit einem grafisch und inhaltlich dazu passenden Plakat, das die offensichtlichste Schwachstelle der Sozialdemokraten bloßstellte: "Pinocchio würde SPD wählen" hieß es darauf in Anspielung auf das bemerkenswert weite Auseinanderklaffen von Wahlversprechen und Regierungspolitik seit 1998. Anderswo reagierte man auf das Finanzhaie-würden-FDP-wählen-Plakat mit einem Hinweis auf die Hedgefonds-Politik der SPD, ihre Zig-Milliarden-Subventionen für Banken und der Feststellung "SPD-Vorsitzende und Kanzlerkandidaten sind Finanzhaie".

Ähnliches passierte den Grünen, deren Wums!-Plakatkampagne mit einer Dumm!-Gegenkampagne gekontert wurde, die dem Betrachter in Erinnerung ruft, dass die Partei unter anderem dem Abschuss von Passagiermaschinen, der Aufnahme von biometrischen Merkmalen in Reisepässen, der Standortermittlung von Mobiltelefonen der Wiedereinführung des Großen Lauschangriffs sowie der Schleierfahndung zustimmte.

Aktuell sind es unter anderem die mit dem Kanzlerinnenkonterfei und dem Slogan "Wir haben die Kraft" versehenen CDU-Plakate, die auch ohne Veränderung an Star Wars oder He-Man erinnern und dementsprechende Mashups hervorbringen. Für ein Werbebild mit dem Bundesinnenminister gibt es sogar einen Remix-Wettbewerb mit Dutzenden von Einreichungen, den Wolfgang Schäubles Fotografin trotz einer auf der Website gewährten allgemeinen Freigabe "für redaktionelle Zwecke unter Angabe des Bildnachweises" verbieten lassen will. Allerdings lässt sich am Wettbewerb auch ohne die Gefahr einer Urheberrechtsverletzung teilnehmen - etwa, indem man Schäuble durch einen Koffer symbolisiert aus dem Geld quillt.

Kein Wähler-, sondern ein Agentur-Mashup ist ein derzeit hochumstrittenes Plakat von Vera Lengsfeld. Es zeigt die CDU-Direktkandidatin entsprechend dekolletiert neben dem berüchtigten Oslobesuch-Foto von Angela Merkel und über der etwas zotigen Werbebotschaft "Wir haben mehr zu bieten".

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(Bild: Splitbrain. Lizenz: CC-BY-SA 2.0)