Essen, Beten, Jammern

Zickenkino mit Julia Roberts: "Eat Pray Love" lässt unglaublich kalt

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"Suppe, Seife, Seelenheil", hieß es noch bei der Heilsarmee, und "Eat Pray Love" verspricht im Grunde nichts anderes: harmlos banale Wellness-Philosophie für Leserinnen, denen die "Brigitte" zu hoch ist. Das einzig Gute an diesem Film ist, dass hier die Hauptfigur mal ausnahmsweise keinen apple und kein iPhone besitzt, sondern einen Sony Vaio. Ansonsten ist dies ein Film für Frauen, die Lockerungsübungen gegen Schlankheitswahn und Schuldgefühle nötig haben, und die sich ernsthaft mit einer hysterischen frustrierten reichen überkandidelten nervigen uninteressanten Zicke identifizieren wollen.

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(Bild: Sony Pictures)

"Eat Pray Love" ist deshalb viel schlechter als durchschnittliche Beziehungskomödien, weil er verlogener ist und aufgeblasener, und weil er sich wahnsinnig ernst nimmt und wirklich glaubt, irgendetwas zur Verbesserung der Lage moderner Frauen beizutragen zu haben. Ein Film mit einer fortwährend flennenden, dann wieder grinsenden Julia Roberts. Es ist auch ein Zeitgeist-Film über die Unsicherheit der ach so leidenden heutigen Frauen. Wenn man diesen Film sieht, versteht man auch, warum sie keinen Mann kriegen.

Flop in den USA

Julia Roberts, die ewige "Pretty Woman" war schon immer eine eher unsympathische Darstellerin: Breites Kamera-Grinsen, Wuschelhaar, aber nichts dahinter und jenseits der Leinwand Unsicherheit im Blick, acht Bodyguards, und ein Madonna-Komplex. Nach längerer Abwesenheit erlebt Julia Roberts ab heute mal wieder ihr Comeback. Sie ist genaugenommen erstmals seit "Erin Brockovich" mal wieder in einer Hauptrolle zu sehen: In "Eat pray Love", der Verfilmung des autobiographischen Selbstfindungsbestsellers von Elizabeth Gilbert spielt sie die Mittdreißigerin Liz, die ihren Mann verlässt, um in Italien, Indien und Bali den Sinn (und den Mann) des Lebens zu finden. In den USA half auch Roberts breites Lächeln nichts: Dort ist "Eat Pray Love" an den Erwartungen gemessen gefloppt.

"Pretty Woman" war zwar auch ein Klischee, aber immerhin ein unmoralisches, trotz allem, was an Hollywood-Konservatismus-Schmalz später darübergeschmiert wurde. Denn die Helden waren ein Mann, der zu Prostituierten geht, und eine Frau, die mit Hunderten von Männern Sex hatte. Das hätte Liz, die Hauptfigur von "Eat Pray Love", auch gern.

Fernöstliche Spiritualität, italienische Lebenskunst und Abnehmquatsch

Wenn es überhaupt einen Grund gibt, sich diesen Film anzugucken, dann trotzdem schon Julia Roberts. Die "Handlung" kann man sich überflüssiger nicht denken, die Machart kaum ärgerlicher. Denn dies ist nicht etwa ein Film, der eine Geschichte erzählen würde oder auch nur so täte, sondern ein mit fast zweieinhalb Stunden viel zu lang geratener Vorwand, um die Hauptdarstellerin vor möglichst malerischen Kulissen in Szene zu setzen.

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(Bild: Sony Pictures)

Das Buch ist ein Prototyp sogenannter Frauenliteratur: Eine weibliche Hauptfigur, die unter ihrem Mann leidet, sich scheiden lässt, dann unter der Scheidung leidet, dann allerlei Männer kennen lernt, unter den Männern leidet und schließlich durch fernöstliche Spiritualität und italienische Lebenskunst wieder ihre Mitte findet. Dazu dann Ratschläge, die jeder gern hört, wie die, dass Männer nichts gegen ein paar Rettungsringe um die Frauenhüften einzuwenden haben und der ganze Abnehmquatsch einem nur die Laune verdirbt. Wie aber will man so etwas plus der vielen Weisheiten aus dem Yogakurs in Kinoform gießen?

Yoda in Bali

Für die Leinwand nahm Regisseur Ryan Murphy einen Star, den jeder sehen will, Schauplätze, die jeder sehen will, und ein paar nette Gurus, die teilweise so aussehen wie Obi Wan Kenobi (in Indien), teilweise wie Yoda (in Bali) - immerhin gehört die Zielgruppe vor allem zur "Star Wars Generation", die mit "Sex in the City" ihren vierzigsten Geburtstag feierten, und nun weiter versorgt werden müssen.

Ansonsten wirkt der Film wie "Pippi im Takatuka-Land" für Erwachsene, ein beweglicher Reiseprospekt: Prächtige Werbebilder zeigen die Schönheiten Italiens und Balis, eine indische Hochzeit und prächtige Apartments: "Eat Pray Love" ist ein Jet Set Film, Yuppie-Kino, das nur in prächtigen Appartments und Ferienhäusern spielt und ausschließlich Menschen zeigt, die hübsch sind und ganz offenkundig unglaublich viel Geld haben: Sonst könnten sie sich monatelange Fern-Reisen ohne Arbeit und teure Wellness-Programme gar nicht leisten. Wenn man nicht bereits eingeschlafen ist, erlebt man, wie nach über eineinhalb Stunden endlich auch Javier Bardem auftaucht, als erster ernstzunehmender Mann.

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(Bild: Sony Pictures)

Vor allem aber leidet der Film unter seiner unsympathischen Hauptfigur: Liz/Roberts ist von Anfang an eine selbstsüchtige, hysterische, frustrierte, überkandidelte Zicke, die im Laufe des Films nichts lernt und dafür fortwährend jammert: Am Anfang sagt ein Italiener zu Liz/Roberts: "Ihr Amerikaner seid einfach fertig und ausgebrannt." Man kann ihm da, was die Figur angeht, nur zustimmen.

Der Rest sind strotzdoofe Kalenderspruchweisheiten wie "Manchmal ist das Verlieren des Gleichgewichts ein Teil des Lebens." Oder: "Ruinen sind ein Geschenk auf der Straße der Veränderung." Oder: "Nicht zuviel Gott, nicht zuviel Ich, sonst wird man verrückt."

Geht einfach nicht rein, Mädels!

Und Julia Roberts? Im Film wird sie mal so genannt: "Little Suzie Creamcheese, smiling all the time." Gar nicht so falsch. So ist dies auch ein Film, dem aller Charme ausgetrieben ist: Da ist nichts, gar nichts, übrig von klassischen Hollywood-Komödien - was vor allem etwas über den schlechten Stand des US-Kinos sagt: Eine Katherine Hepburn oder ein Cary Grant hätten jedenfalls ihren Beruf gewechselt, bevor sie in so einem schrecklichen Unsinn mitspielen würden.

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(Bild: Sony Pictures)

Vielleicht sollte man beim Verleih noch mal über den Titel nachdenken. "Eat Pray Fuck", "Eat Pray Vomit", "Eat Pray Shit" wären allesamt angemessener. Man würde sich freuen, wenn das vom Verleih "Zielgruppe" genannte weibliche Kinopublikum in Deutschland den Zynismus dieses Films widerlegt - indem ihr einfach nicht hineingeht, Mädels!