Abseits der Zivilisation gehörig in Schwierigkeiten

Fantasy-Filmfest 2010: Gute Laune bei Torture porn und Fantasy-Hack-and-Slay

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Im gerade noch rechtzeitig fertig gewordenen Cinemaxx-Kino am Berliner Potsdamer Platz startete das 24. Fantasy-Filmfest. Anders als in den vergangenen Jahren finden die Alternativ-Screenings dieses mal nicht mehr in einem anderen Saal desselben Kinos statt, sondern im CineStar auf der anderen Seite des Platzes. An der "Pausenlänge" zwischen den Vorführungen hat dies jedoch nichts geändert - ein Umstand, der zum Start des Festivals noch nicht ins Gewicht fiel, da nur zwei Filme nacheinander gezeigt wurden.

Torture porn goes

Franck Richards "La meute" (The Pack/Die Meute, produziert in Frankreich und Belgien 2010) war der Eröffnungsfilm. Der Regisseur, der aufgrund von Passschwierigkeiten am Pariser Flughafen steckengeblieben war und deshalb nicht anwesend sein konnte, hat die Veranstalter in einem E-Mail-Grußwort über den Hintergrund seines Filmprojektes aufgeklärt: Die für ihre Gewaltexzesse berüchtigten französischen Horrorfilme haben nun lang genug den maßgeblichen ästhetischen Einfluss auf das Kino gehabt, weswegen Richard einen anderen Weg zu gehen plane.

La Meute.jpg
"La Meute" (Bild: Szene aus dem Trailer)

Und das ist ihm mit "La meute" durchaus gelungen: Der Film erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die einen Anhalter mitnimmt, mit dem sie in einem düsteren Kaff abseits der Zivilisation gehörig in Schwierigkeiten gerät: Der Mann verschwindet nämlich einfach bei einem Toiletten-Gang in der örtlichen Kneipe. Die Suche der Frau nach ihm führt sie zu einer handvoll unangenehmer Wahrheiten - insbesondere über die Geschichte des Ortes und die der Kneipenwirtin.

Richards Film könnte ein Schwellenereignis sein - ein Übergang vom realistischen Gewaltfilm zum übernatürlichen Horrorfilm; allein, beide Genres lassen sich nicht miteinander versöhnen und bleiben in "La meute" disparat nebeneinander stehen. Das ist in diesem Fall weniger problematisch, da sich der Regisseur und seine Crew offenbar darüber einig waren, beide Horrorfilm-Subgenres ironisch zu brechen und aneinander zu spiegeln. Auf diese Weise entlädt sich nicht nur mache Grausamkeit in befreiendes Lachen, sondern so erhält der Film auch die Möglichkeit, mit ungewohnten Erzähl- und Darstellungsweisen zu experimentieren. In der Mitte - sozusagen exakt an der Scharnierstelle zwischen beiden Subgenre-Teilen - kulminiert dies in einer der originellsten Rückblenden-Erzählungen der letzten Jahre.

Blut und Ehre

Der zweite Film des Eröffnungsabends beschritt da schon wesentlich konventionellere Wege, was ihm angesichts des Alters seiner Vorlage aber kaum vorgeworfen werden kann. Michael J. Bassett - der Regisseur war mit seinem wenig erfreulichen Wilderness und seinem dafür umso erstaunlicheren Debüt Deathwatch bereits zwei mal beim Fantasy-Filmfest vertreten - lieferte hier eine Adaption des bereits 1928 vom Conan-Autor Robert E. Howard geschriebenen Romans "Solomon Kane".

Solomon.jpg
"Solomon Kane" (Bild: Szene aus dem Trailer)

Ein waschechter Fantasy-Hack-and-Slay-Film, moralinsauer und voller reaktionärer Botschaften über Familie, Ehre und Ideologie. Da es sich dabei allerdings um die Grundzutaten jedes ordentlichen Fantasy-Epos handelt (siehe "Conan"), kann man es dem Film "Solomon Kane" ebenfalls nicht zum Vorwurf machen.

Er erzählt die Geschichte des Titelhelden, der als Jugendlicher vom Vater verstoßen wurde (weil er nicht ins Kloster wollte), dann zum blutrünstigen Söldner wurde und nach einer Begegnung mit dem Teufel der Gewalt abgeschworen hatte. Als marodierende Dämonen-Horden - der Film spielt im England des frühen 17. Jahrhunderts - dann jedoch die Tochter einer mit Kane befreundeten Familie entführen, schwört er der Gewaltlosigkeit ab, macht sich auf die Suche nach dem Mädchen und rollt dabei peu à peu seine eigene Vergangenheit auf.

Voller christlicher Symbolik, politisch unkorrekten Hexen-Diskursen und garniert mit reichlich Blut hält der Film 100 Minuten durch und auch durchaus bei Laune. Davon kann sich der geneigte Zuschauer demnächst im Kino selbst überzeugen.