Öl demnächst im Golfstrom

Wissenschaftler zeigen, wie sich der Ölteppich aus BPs Havarie im Atlantik ausbreiten wird

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Während BP weiter am Bohrloch rumstochert, setzen die Finanzmärkte dem Konzern zu. Die Ratingagenturen Fitch und Moody's haben die Kreditwürdigkeit BPs herabgestuft. Der Kurs der BP-Aktie gab daraufhin gegen Ende des Tages deutlich nach. Seit Mitte April hat sie rund ein Drittel ihres Wertes eingebüßt.

Die Katastrophe zieht unterdessen immer weitere Kreise. Wissenschaftler des National Center for Atmospheric Research in Boulder, USA, und des Kieler Instituts für Meereswissenschaften IFM-GEOMAR haben mit einem hochauflösenden Ozeanmodell eine [http://www.ifm-geomar.de/index.php?id=537&tx_ttnews[tt_news]=582&tx_ttnews[backPid]=551&cHash=8903defe23 Studie] über die Ausbreitung des Öls erstellt. Herausgekommen ist, dass es sich "innerhalb weniger Monate bis weit in den Atlantik ausbreiten könnte".

Schon bald werden voraussichtlich erste Teile des Ölteppich vor der Atlantikküste Floridas auftauchen. Durch die enge Floridastraße zwischen den USA und Kuba strömen nach Auskunft der Kieler Wissenschaftler pro Sekunde etwa 32 Millionen Kubikmeter Wasser, die das Öl mittragen werden. Von dort wird es dann mit dem Golfstrom eng an der Küste entlang nach Nordosten getragen, sodass auch an der US-Ostküste in den nächsten Wochen mit verschmutzten Stränden zu rechnen ist.

"Die Geschwindigkeit der Strömung liegt bei bis zu 150 Kilometern am Tag“, so Claus Böning vom IFM-GEOMAR, „insofern ist diese rasche Ausbreitung nicht wirklich überraschend für uns, sondern bestätigt Abschätzungen aufgrund eigener Kieler Modellrechnungen mit hoch auflösenden Strömungsmodellen“. Auf dem Weg verdünnt sich das Öl allerdings zunehmend, sodass Martin Visbeck, Leiter der Physikalischen Ozeanographie IFM-GEOMAR, für Europas Strände zunächst keine Gefahr sieht. Zumal das Modell keinen biologischen Abbau des Öls berücksichtigt, der die Belastung des Wassers zusätzlich mit der Zeit verringert.

„Auch wenn wir auf der Basis der bisherigen Rechnungen für Europa Entwarnung geben können, benötigen wir weitere Untersuchungen, insbesondere um die langfristigen Entwicklungen besser abschätzen zu können. Wenn das Öl bis zum August weiter unvermindert ausströmt, müssen wir möglicherweise unsere momentanen Abschätzungen revidieren“, so Visbeck.

Die Berechnungen wurden mit mehreren Simulationen durchgespielt, die auf leicht unterschiedlichen Annahmen über die Charakteristik der relevanten Strömungen basierten. Nicht enthalten sind die Effekte von tropischen Wirbelstürmen. Näheres zu den Modellrechnungen auf der Seite der US-Wissenschaftler.

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Simulierte Ausbreitung des Öls (Bild: IFM-Geomar)