Spanien riegelt Grenze gegen syrische Flüchtlinge ab

Neben den Vorgängen in Melilla fordert nun auch Brüssel Aufklärung darüber, warum bei den tödlichen Vorgängen in Ceuta auf Flüchtlinge geschossen wurde

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Die Zwischenfälle an den Grenzen der spanischen Exklaven Ceuta und Melilla zu Marokko reißen nicht ab. Am Donnerstagabend musste dort, wo das reiche Europa und das arme Afrika in Melilla eine direkte Landgrenze bilden, der wichtigste Grenzübergang zu Marokko für zwei Stunden geschlossen werden, um 200 bis 300 Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien auf dem Weg nach Europa abzuwehren. Das hat die Vertretung der Zentralregierung in Melilla am Freitag bestätigt.

Während sie über die Herkunft der Flüchtlinge keine Auskunft gab, haben Vereinigungen von Guardia Civil und Polizei bestätigt, dass es sich um Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien gehandelt hat. Da der Übergang Beni Enzar nach Hinweisen aus Marokko auf einen bevorstehenden "Ansturm" geschlossen worden war, habe es keiner der Flüchtlinge geschafft nach Spanien zu gelangen.

Der Vorgang ereignete sich nur wenige Stunden nach einem Besuch des Präsidenten der Regionalregierung Melillas am Grenzübergang. Juan José Imbroda klagte dort über einen "untragbaren" Migrationsdruck, weil "tausende Schwarzafrikaner" täglich versuchten nach Melilla zu gelangen. Weil die drei sechs Meter hohen Grenzzäune kürzlich erneut mit messerscharfem Klingendraht ausgerüstet worden waren, gab es heftige Kritik an der Politik der regierenden konservativen Volkspartei (PP). Der Draht war 2007 wieder abgenommen worden, nachdem er gut einem Dutzend Flüchtlinge tödliche Verletzungen zugefügt hatte.

Für Schlagzeilen sorgen weiterhin die Vorgänge an der Grenze zur Exklave Ceuta. Vier Nichtregierungsorganisationen haben gemeinsam am Freitag eine "internationale Untersuchung" gefordert, um "schwere Menschenrechtsverletzungen an den Grenzen zu Melilla und Ceuta aufklären". Aufgeklärt sollen vorrangig die Vorgänge, die am Donnerstag vor einer Woche mindestens 14 Flüchtlingen in Ceuta das Leben kosteten.

Am Donnerstag musste der spanische Innenminister Jorge Fernández Díaz vor dem Parlament zugeben, dass die Guardia Civil tatsächlich auf Flüchtlinge im Wasser geschossen hat. Eine Woche lang hatte die Regionalregierung von Ceuta und die Guardia Civil die Version der Flüchtlinge abgestritten. Behauptet worden war, die Guardia Civil habe "Aufstandsbekämpfungsmaterial" nur am Grenzposten Tarajal eingesetzt, als eine Gruppe von 250 bis 400 Flüchtlinge versuchte, dort gemeinsam nach Ceuta einzudringen. Nun räumte der Minister ein, dass die paramilitärische Einheit auch Gummigeschosse gegen die Flüchtlinge eingesetzt hat, die versucht haben, eine Landzunge zu umschwimmen, um nach Spanien zu kommen. Auch Rauchgasgranaten seien in Richtung der schwimmenden Flüchtlinge geschossen worden. "Doch die funktionieren im Meer nicht", sagte Diaz. Es sei darum gegangen, eine imaginäre Barriere zur Abschreckung auf spanischem Hoheitsgebiet zu ziehen. "Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Einsatz der Mittel zur Aufstandsbekämpfung durch die Guardia Civil und den Todesfällen", erklärte der Innenminister. Schließlich, so der Minister, habe kein Flüchtling die spanischen Gewässer erreicht. Das ist schlicht gelogen, wie ein Video zeigt, haben einige sogar den Strand erreicht.

Doch auch die EU-Kommission in Brüssel zeigte sich am Freitag "sehr besorgt" darüber, dass "Gummigeschosse zur Abschreckung von Flüchtlingen" eingesetzt werden, sagte die Innenkommissarin Cecilia Malmström und forderte Aufklärung von Spanien. Die Opposition in Spanien ist entsetzt. Ricardo Sixto Iglesias von der Vereinten Linken warf dem Innenminister vor, dass "statt Menschen in spanischen Gewässern zu retten, sie mit Mitteln zur Aufstandsbekämpfung empfangen werden". Er forderte den Rücktritt des Chefs der Guardia Civil Arsenio Fernández de Mesa. Für die liberalkonservative UPyD kritisierte deren Präsidentin Rosa Díez: "Ein Minister, der das Recht auf Leben von Ungeborenen verteidigt, sollte auch Recht auf Leben von Geborenen schützen." Damit spielte sie darauf an, dass die konservative Regierung die Abtreibung wieder unter Strafe stellen will.

Vorgeworfen wurden dem Innenminister auch illegale Abschiebungen. Ein Video hatte gezeigt, dass auch nach den tödlichen Vorgängen Flüchtlinge einfach wieder nach Marokko verfrachtet wurden, die Spanien erreicht haben. Weil das gängige Praxis zu werden scheint, wie mit diversen Videos belegt wurde, hat nun der Ermittlungsrichter Miguel Ángel García Gutiérrez den Vertreter der Zentralregierung in Melilla zur Vernehmung als Beschuldigter vorgeladen. Neben Miguel Ángel García Gutiérrez muss sich auch der Offizier der Guardia Civil Ambrosio Martín Villaseñor für das illegale Vorgehen verantworten.