Nicht schuldig, sondern nur "in gewisser Weise" verantwortlich

Der Ölkonzern Chevron kommt für 30 Jahre Umweltverseuchung in Ecuador straffrei davon

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5.000 Quadratkilometer verseuchter Regenwald, vergiftete Gewässer, mehr als 114 Milliarden Liter giftige Abwässer und ausgelaufenes Rohöl - darum ging es im Prozess um Umweltschäden, die Ecuadors Präsident Correa letztes Jahr mengenmäßig als 85 Mal so schlimm wie den Unfall der British Petroleum im Golf von Mexiko und 18 Mal so schlimm wie die Folgen der Havarie der "Exxon Valdéz" vor der Küste von Alaska bezeichnet hatte.

Unter Leitung der damaligen US-Ölfirma Texaco war in der ecuadorianischen Provinz Sucumbíos von 1964-1990 Öl gefördert worden. Kurz darauf begann 1993 ein Rechtsstreit der sich jetzt seit über 20 Jahre hinzieht. 76 Betroffene hatten wegen der Hinterlassenschaften der Ölförderung und der Umweltverseuchung vor einem New Yorker Gericht gegen den US-Ölkonzern Texaco geklagt. Das New Yorker Gericht erklärte sich kurzerhand für nicht zuständig.

Foto aus der Kampagne der ecuadorianischen Regierung "La Mano sucia de Chevron".


Daraufhin reichten 2003 zunächst 48 Betroffene eine gemeinsame Klage beim Provinzgericht von Sucumbíos ein. Bis Prozessbeginn lag dem Richter Nicolás Zambrano eine Sammelklage von rund 30.000 Betroffenen vor. Ureinwohner warfen dem Unternehmen vor für Krankheiten und Todesfälle verantwortlich zu sein. Im Februar 2011 verurteilte das Gericht Chevron zur Zahlung von 19 Mrd. Dollar Schadensersatz.

Im November 2013 bestätigte der Oberste Gerichtshof Ecuadors das Urteil, senkte die Strafe allerdings auf 9,5 Milliarden Dollar ab. Chevron berief sich aber darauf, doch mit einer 40 Mio. Dollar teuren Reinigungsaktion die Folgeschäden bereits beseitigt zu haben. Und klagte seinerseits auf heimischen Terrain wieder vor einem New Yorker Gericht. Das erklärte sich diesmal für zuständig und die ecuadorianische Justiz kurzerhand für korrupt.

Eröffnung der Ausstellung "De camino a la verdad" am 15. Januar, die die Umweltzerstörung von Chevron dokumentiert. Bild: Precidencia de Ecuador.


Zwar, so der US-Richter Lewis Kaplan in seinem Urteil, könne Chevron "eine gewisse Verantwortung" haben, der Konzern müsse aber trotzdem nicht zahlen, weil das Schadensersatzurteil der ecuadorianischen Justiz durch "korrupte Handlungen" zustande gekommen sei, die dortigen Kläger dürfen deshalb nicht von möglichen Schadensersatzzahlungen eines US-Unternehmens profitieren.

Chevron frohlockte nach dem Urteil, es sei ein "gewaltiger Sieg" für den Konzern und seine Anteilseigner. Die ecuadorianische Seite kündigte Berufung an. Damit geht das Verfahren Ecuador vs. USA im 21igsten Prozessjahr in die nächste Runde. Gleichzeitig laufen gegen Chevron ähnliche Verfahren zur Auszahlung des ecuadorianischen Schadensersatzurteils auch in Argentinien, Brasilien und Kanada.