Finanztransaktionssteuer mindestens auf 2016 verschoben

Immer mal wieder wird sie in Wahlkampfzeiten aufgewärmt und nun wird behauptet, man wolle bis zum Jahresende eine Rechtsgrundlage für sie schaffen

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Der Wahlkampf beginnt. Das wird daran deutlich, dass man sich in Brüssel mal wieder an die Finanztransaktionssteuer erinnert, denn die wird in Wahlkampfzeiten populistisch gerne aufgewärmt.

Eigentlich war schon vor einem Monat verkündet worden, dass sich angeblich elf EU-Staaten auf die Einführung geeinigt hätten. Eingeschränkt werden sollten mit der Steuer eigentlich längst Spekulationen und zudem sollte der Finanzsektor an den Kosten für die Bankenrettungen beteiligt werden. Der spanischen Wirtschaftsminister Luis de Guindos hatte im April sogar schon verkündet, die Steuer könne "in sechs Monaten erhoben werden". Spanien hat im Haushalt 2015 sogar schon Einnahmen in Höhe von 640 Millionen Euro eingeplant.

Doch daraus wird nichts. Nun wird behauptet, dass angeblich bis zum Jahresende eine Rechtsgrundlage für die Steuer geschaffen werden soll, damit am 1. Januar 2016 auch nur der "erste Teil in Kraft treten" könne. Das hat der österreichische Finanzminister Michael Spindelegger in Brüssel angekündigt. Doch mehr als eine Absichtserklärung ist wieder nicht zu haben.

"Unser Engagement zur Einführung einer Finanztransaktionsteuer bleibt stark", heißt es in einer Erklärung, aus der offensichtlich nicht einmal ersichtlich wurde, welche Staaten dahinter stehen. Wurde bisher von elf Staaten gesprochen, verkünden spanische Medien, dass der Club auf 10 geschrumpft sei. Gesprochen wird von "Spanien undweiteren neun Staaten", zu denen auch Deutschland, Frankreich und Italien gehören sollen.

Etwas klarer wird, dass die Liste der Ausnahmen immer länger wird, weshalb die einst angestrebte Summe von knapp 35 Milliarden Euro immer weiter in die Ferne rückt. Einst war vorgeschlagen worden, Geschäfte mit Aktien und mit Anleihen insgesamt mit geringen 0,1% zu besteuern und Derivate sogar nur mit 0,01%. Aus durchsichtigen Gründen wurde der Kauf von Staatsanleihen wieder ausgenommen. Auch Devisengeschäfte und der Handel mit Rohstoffen sollen offenbar nun ebenfalls nicht einmal mit der geringen Steuer belastet werden.

Die Ausnahme für Staatsanleihen ist noch so ein Trick, mit denen Investoren weiter dazu gedrängt werden sollen, hoch verschuldeten Staaten immer neues Geld zu leihen (dass sie zuvor praktisch umsonst von Notenbanken erhalten), obwohl die Verschuldung vieler Länder immer ungesünder wird. So können dann über die Geldschwemme der Europäischen Zentralbank (EZB) "erfolgreiche" Rettungen in Irland und Portugal aus dem Hut gezaubert werden.

Man darf gespannt sein, ob die Steuer, die vor Jahren ja als zentrales Element einer dringend notwendigen Finanzmarktregulierung gehandelt wurde, je beschlossen wird. Behauptet worden war immer wieder, dass sie längst beschlossen worden sein soll. Klar ist, dass ohnehin nur eine Minderheit der EU-Staaten mitmachen wird. Großbritannien hat schon gegen die Einführung geklagt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass es den Briten gelingt, sie wieder gerichtlich zu kippen, sollte sie jemals eingeführt werden.

Briten und Schweden argumentieren mit negativen Effekten auf Investments, das Handelsvolumen und die allgemeinen Zinssätze in Europa. Der britische Finanzminister George Osborne kündigte schon eine neue Klage an. Dass gerade die erste britische Klage vergangene Woche vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) abgewiesen wurde, ist nämlich alles andere als ein Sieg. Denn die Richter wollten sich einfach nicht mit dem Thema befassen, weil die Ausgestaltung der Abgabe bisher völlig unklar ist. Sollte tatsächlich bis zum Jahresende etwas konkret auf den Weg gebracht werden, wird der EuGH wohl über das Thema verhandeln müssen.