Entsteht ein asiatischer Block?

Die bisher von Russland und China dominierte Shanghai Cooperation Organisation könnte schon bald Indien und Pakistan und vielleicht auch den Iran als neue Mitglieder begrüßen

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Während die EU und die USA versuchen, Russland zu isolieren, und die Westeuropäer nicht zu merken scheinen, dass sie sich – und Außenstehenden – mit Wirtschaftssanktionen in den eigenen Fuß schießen, werden dessen asiatische Bande fester: Die Außenministerkonferenz der Shanghai Cooperation Organisation (SCO) hat kürzlich seine Bereitschaft erklärt, Indien und Pakistan aufzunehmen.

Der SCO gehören bisher Russland, China, Kasachstan, Kirgisien, Tadschikistan und Usbekistan an. 2001 gegründet war ihr Anliegen zunächst vor allem, die Ausbreitung terroristischer Organisation in Zentralasien zu verhindern. Mit den Jahren hat sich die Zusammenarbeit mehr und mehr vertieft und umfasst inzwischen auch viele wirtschaftliche Aspekte. Diskutiert werden derzeit unter anderem verschiedene Investitionsprojekte. China schlägt dafür die Einrichtung einer gemeinsamen Entwicklungsbank vor, für die die Volksrepublik Einlagen in Höhe von zehn Milliarden US-Dollar bereit stellen will. Die anderen Mitglieder sind allerdings bei Weitem nicht so flüssig wie Beijing und reagieren daher eher zurückhaltend.

Indiens Aufnahme könnte eventuell schon auf dem nächsten Gipfel im September erfolgen. Auf jeden Fall haben sich die SCO-Außenminister auf diverse Formalien geeinigt, die die Aufnahme neuer Mitglieder regeln und die auf dem September-Gipfel formal verabschiedet werden sollen. Neben Indien und Pakistan könnten dann bald auch die Mongolei und Iran Mitglied in dem lockeren Staatenbund werden, der damit den größten Teil Asiens und mehr als ein Drittel der Menschheit repräsentieren würde.

Indien hat seit 2005 bei der SCO einen Beobachterstatus und strebt seitdem die Vollmitgliedschaft an. Bisher stand dem aber vor allem China im Wege, das Delhi wegen seiner zu großen Nähe zu den USA nicht traute. Chinas Präsident Xi Jinping hatte jedoch im Juli Indiens neuem Premierminister Narendra Modi bei einem Treffen am Rande des Gipfels der BRICS-Staaten signalisiert, dass er nunmehr die Aufnahme Indiens unterstützen wolle.

M.K. Bahdrakumar, ein ehemaliger indischer Botschafter und reger Kommentator der zwischenstaatlichen Beziehungen Asiens, führt Chinas Schwenk darauf zurück, dass Beijing Modi eine unabhängigere Außenpolitik zutraue. Außerdem weist er auf die Vorteile hin, die eine verstärkte Kooperation für Indien haben könnte. Dazu gehören unter anderem die Sicherung der indischen Energieversorgung und eine Annäherung an den Erzfeind Pakistan. Auch für die verschiedenen Grenzstreitigkeiten und die Befriedung Afghanistans könnte eine SCO-Erweiterung neue Perspektiven eröffnen.

In China erinnert man unterdessen an den 2000 Jahre zurück reichenden engen ökonomischen und kulturellen Austausch zwischen den beiden Ländern und dringt auf dessen Erneuerung. Geplant ist unter anderem der Ausbau der Landwege aus Südchina über Myanmar und Bangladesch ins indische Kolkata und eine engere Kooperation in Sachen maritimen Handel.