Realsatiriker Josef Joffe gibt Zugabe

Erboster ZEIT-Herausgeber geht gegen Die Anstalt (ZDF) in Berufung

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Das Verdienst von ZEIT-Herausgeber Josef Joffe, die Verflechtungen deutscher Edeljournalisten mit transatlantischen Lobby-Organisationen möglichst unterhaltsam und nachhaltig in die Öffentlichkeit zu bringen, ist an pädagogischem Wert kaum zu überschätzen. So hat Joffes Anwalt dem Branchendienst Meedia zufolge Berufung gegen die gestern bekannt gewordene Abweisung seiner Klage gegen das ZDF wegen ungenauer Darstellung seiner Verstrickungen angekündigt. Ob die Berufung dem Ruf des berufenen Blattmachers nützen wird, darf bezweifelt werden. Im Gegenteil beanspruchen Joffes journalistische Interessenkonflikte und seine groteske Prozesshanselei allein in seinem Wikipedia-Eintrag die Hälfte des Textes.

Während die Häme nun auf Don Quichoffe abregnet, ist das Thema transatlantischer Kontaktpflege mit Journalisten weitaus umfangreicher. Schwerer als bei Joffe, der für ein privates Printmedium arbeitet und daher schreiben kann, wie er lustig ist, wiegen journalistische Interessenkonflikte in öffentlich-rechtlichen Rundfunkhäusern. Wir leisten uns den teuersten Rundfunk der Welt, weil wir keinen Volksempfänger, sondern unabhängigen Journalismus wollen - so jedenfalls der verfassungsgemäße Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Doch in der US-Lobby treten sich ausgerechnet die am besten bezahlten TV-Journalisten von ARD und ZDF gegenseitig auf die Füße. So machte der mit ca. einer halben Million Euro/Jahr an GEZ-Geldern ausgestattete heutige WDR-Intendant Tom Buhrow für die ultrakonservative deutsch-amerikanische Lobby Atlantik-Brücke e.V. 2009 den Festredner, wo er den US-Botschafter lobte, der nicht einmal die Sprache seines Gastlandes spricht. Auch ZDF-Starjournalist Claus Kleber, der ähnlich gut wie Buhrow verdient, ist mit seiner journalistischen Tätigkeit nicht so ausgelastet, als dass er nicht auch Zeit für das Kuratorium der Atlantik-Brücke hätte. Letztes Jahr verstieg sich Kleber zu einem Vergleich der Tagesschau mit nordkoreanischem Regierungsfernsehen. Derartige Töne kennt man eher von US-TV-Moderatoren, die um den Titel des konservativsten Kommentators konkurrieren.

Wie in der Optik wird das Bild nun einmal auch im Journalismus umso unschärfer, je näher man seinem Berichtsobjekt kommt. Soweit ersichtlich, hat noch kein öffentlich-rechtlicher Journalist jemals über die Atlantik-Brücke kritisch berichtet. Dabei gäbe es durchaus interessante Stories, etwa die Tatsache, dass man dort als höchste Auszeichnung den Vernon A. Walters-Award vergibt. General Walters war stellvertretender CIA-Chef gewesen und hatte nachweislich seine Finger in den schmutzigsten der bekannt gewordenen CIA-Operationen. Die langfristige Einflußnahme Washingtons auf deutsche Eliten hat sich offensichtlich bewährt. Der beste Platz für ernstzunehmenden Journalismus scheint im öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Satire-Sendungen zu sein.

Josef Joffe darf sich zugutehalten, Zweifel an seiner Unabhängigkeit wenigstens noch als ehrenrührig zu bewerten. Das wäre doch schon mal ein Anfang ...