China: Tunnelbau durch den Himalaja

In der Volksrepublik wird die Verlängerung der neuen tibetischen Eisenbahn nach Nepal diskutiert. Mittelfristig könnten auch die Verkehrsverbindungen nach Indien verbessert werden

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In China setzt man offensichtlich, anders als in Europa, ganz auf die Eisenbahn. Am Freitag berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung, dass die beiden chinesischen Zugbauer CNR und CSR fusionieren, was an der Hongkonger Börse mit einem Kurssprung von jeweils fast 50 Prozent honoriert worden sei. Mit einem gigantischen Heimatmarkt im Rücken soll offensichtlich ein "Global Player" entstehen, der den langgedienten Herstellern wie dem Bombardier (Kanada), Alstom (Frankreich) oder Siemens (Deutschland) Konkurrenz macht.

Der neue Konzern bietet zum Beispiel im US-Bundesstaat Kalifornien bei einer Ausschreibung für Hochgeschwindigkeitszüge mit, aber das eigentlich interessante Geschäft wartet sicherlich vor der Haustür. In Chinas Nachbarländern gibt es diverse Programme für den Ausbau der Eisenbahnen. Nicht zuletzt werden diese von der chinesischen Regierung vorangetrieben und gefördert, die unermüdlich für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur und die Schaffung neuer Verbindungen zwischen den Staaten Asiens wirbt. Unter dem Stichwort "Neue Seidenstraße" wird der Ausbau eines Verkehrs- und Handelskorridors beworben, der von Chinas Ostküste bis nach Süd- und Mitteleuropa reicht.

Und wie die alte Seidenstraße soll auch die neue einen südlichen Arm haben, der das Land der Mitte mit dem indischen Subkontinent verbinden würde. Eisenbahnen nach Butan, Nepal und Indien sind bereits seit längerem im Gespräch, und ein erster Plan scheint Gestalt anzunehmen. Der indische Fernsehsender NDTV schreibt auf seiner Homepage von konkreten Plänen, die neue tibetische Eisenbahnlinie, die seit einigen Jahren die abgelegene und dünn besiedelte Hochlandregion zum ersten Mal mit dem chinesischen Eisenbahnnetz verbindet, nach Nepal auszudehnen. Vorarbeiten hätten bereits begonnen. Nepal verfügt bisher laut Wikipedia nur über eine 29 Kilometer lange Bahnstrecke mit hoffnungslos veralteter Ausrüstung.

Politisch könnte eine solche Eisenbahn einerseits für Konfliktstoff mit Indien sorgen, das Beijings wachsenden Einfluss in Nepal beargwöhnt. Andererseits könnte das Projekt bei einer Verlängerung durch Nepal hindurch nach Indien zu einem Aufschwung der Wirtschaftsbeziehungen und des Austauschs von Touristen zwischen den beiden asiatischen Giganten beitragen. Technisch wird der Bau, der bereits bis 2020 abgeschlossen sein soll sicherlich eine Herausforderung, weil mit dem Himalaja das höchste Gebirge der Welt zu durchqueren wäre. Man darf gespannt sein, wie die chinesischen Ingenieure den Tunnelbau durch die seismisch aktive Region meistern. Vielleicht wird es ja ein Probelauf für den in Chinas Fachkreisen diskutierten asiatisch-amerikanischen Eisenbahntunnel.