OLG Karlsruhe: Wettermoderator durfte Ex-Freundin nicht "Kriminelle" nennen

Jörg K. mus Persönlichkeitsrecht von Anzeigeerstatterin achten

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Ein bekannter Wetter-Moderator, der in einer Vielzahl an Prozessen Zeitungsverlagen Äußerungen über sich verbieten ließ, schöpft selbst seine Meinungsfreiheit gerne offensiv aus. So bezeichnete er seine Ex-Partnerin, die ihn einst angezeigt und ihm damit eine Untersuchungshaft und Rufschädigung eingebracht hatte, als "Kriminelle aus [Ort]".

Das Langericht Mannheim hatte Jörg K. von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen 2011 freigesprochen. Nachdem die Ex-Freundin die Vorwürfe trotz des inzwischen rechtskräftigen Freispruchs öffentlich wiederholte, hatte K. dies durch das Landgericht Köln untersagen lassen, was das OLG Köln bestätigte. Nachdem K. seinerseits die Frau als "Kriminelle" bezeichnet hatte, verklagte diese den Wettermoderator am Landgericht Mannheim erfolgreich auf Unterlassung.

Die Bezeichnung einer Person als "kriminell" bereitet bei der Einordnung als Tatsachenbehauptung (dann Beweislast beim Äußernden) oder als Meinungsäußerung (dann unmittelbar vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit geschützt) regelmäßig Schwierigkeiten. Das Landgericht Hamburg etwa legte die Bezeichnung früher schematisch als Behauptung strafrechtlich relevanten Verhaltens aus, was den Äußernden mitunter vor unüberwindliche Beweisprobleme stellte. Ähnliche Klassiker sind die Bezeichnung einer Person als "Betrüger" oder gar "Verbrecher", was ebenfalls nicht ohne weiteres durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist.

Sofern man unverurteilte Personen entsprechend bezeichnen will, müssen mindestens die strengen Regeln einer presserechtlich zulässigen Verdachtsberichterstattung erfüllt sein. Dies wäre etwa bei K.-Kritikerin Alice S. der Fall, die eine Selbstanzeige als Steuerhinterzieherin stellte und insoweit nunmehr "Kriminelle" genannt werden darf. Eine Ausnahme kann sich dann ergeben, wenn aus den Umständen der Kriminalitätsbehauptung ein überwiegender Meinungscharakter folgt, etwa im politischen Meinungskampf.

Während bei den Prozessen gegen die Äußerungen der Ex-Freundin diese für ihre Behauptungen beweisbelastet war und unterlag, lag es nunmehr umgekehrt an K., für seine Behauptung Tatsachen für die angebliche Kriminalität der Ex-Freundin aufzubieten. Auf die Berufung des K. hat das Oberlandesgericht Karlsruhe das Verbotsurteil nun zwar bestätigt, jedoch auf die konkret beanstandeten Äußerungen bezogen beschränkt:

Nach Auffassung des Senats handelte es sich in beiden Fällen bei der gebotenen Berücksichtigung des jeweiligen Kontexts um komplexe Äußerungen, in denen der Beklagte einerseits die Unrichtigkeit des von der Klägerin gegen ihn erhobenen Vorwurfs bekräftigt und damit eine Tatsachenbehauptung aufstellt, andererseits eine stark abwertende Beurteilung der Klägerin zum Ausdruck bringt. Die Frage der Rechtmäßigkeit des mit der Bezeichnung als „Kriminelle“ einhergehenden Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht beurteilt sich anhand einer Abwägung der jeweiligen grundrechtlich geschützten Positionen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. In der Konstellation des vorliegenden Falles hat der Senat den Beklagten für berechtigt gehalten, den Tatvorwurf der Vergewaltigung in öffentlichen Äußerungen als unzutreffend zu bezeichnen, obwohl damit notwendigerweise der Vorwurf der falschen Beschuldigung durch die Klägerin verbunden ist, den der Beklagte seinerseits nicht bewiesen hat. Er hat den Beklagten aber nicht für berechtigt erachtet, die Klägerin mit der Bezeichnung als „Kriminelle (aus ...)“ persönlich herabzuwürdigen; in der gegebenen Situation, in der nicht nur zugunsten des Beklagten, sondern auch zugunsten der Klägerin die Unschuldsvermutung gelte, sei gegenüber derartigen Zuspitzungen Zurückhaltung geboten.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 22.10.2014 - Az. 6 U152/13. Revision nicht zugelassen.

Über den Kurznachrichtendienst Twitter demonstrierte Herr K. allerdings temperamentvoll weiterhin seinen Standpunkt.