Portugiesischer Ex-Regierungschef festgenommen

Korruption, Geldwäsche und Steuerbetrug werden Sócrates vorgeworfen, der mit der Troika das Rettungsprogramm ausgehandelt hat

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Gerade hatte der ehemalige portugiesische Regierungschef José Sócrates den regierenden Konservativen in einem Korruptionsskandal um "GoldeneVisa" geraten, mehrere Minister in die Wüste zu schicken. Nun wurde Sócrates zwar nicht selbst in Wüste geschickt, sondern seit dem späten Freitag muss der Sozialist gesiebte Luft atmen. Er hatte 2011 mit der Troika das Abkommen verhandelt, das für die Bevölkerung härteste Kürzung- und Sparprogramme bedeutet. Er wurde am Flughafen in Lissabon festgenommen, als er aus Paris ankam. Dort lebte er seit seiner grandiosen Wahlniederlage 2011.

Immer wieder wurde er schon früher mit Korruptionsfällen in Verbindung gebracht, doch zu einer Anklage oder Festnahme kam es bisher nie. Doch fragten sich die Ermittler in Portugal nun, woher die drei Millionen Euro stammen, mit denen er seine teure Wohnung in Paris bezahlt hat. Insgesamt soll er in seiner Zeit als Ministerpräsident von 2005 bis 2011 ein Vermögen von rund 20 Millionen Euro angehäuft haben. Es soll unter dem Namen eines Strohmanns in der Schweiz geparkt sein, berichten Medien in Portugal.

Sócrates, der zwischen 2004 und 2011 Generalsekretär der Sozialisten (PS) war, wird Geldwäsche, Korruption und Steuerhinterziehung vorgeworfen. Im Zusammenhang der Ermittlungen gegen ihn waren schon am Vortag ein Unternehmer, ein Rechtsanwalt und ein Fahrer festgenommen worden. Mit den Ermittlungen im großen Korruptionsskandal "Monte Branco" (Mont Blanc) soll das Vorgehen nichts zu tun haben, wurde inzwischen von den Ermittlern erklärt. In diesem Zusammenhang war der Chef der größten Bank im Sommer festgenommenworden. Kurz danach musste die Banco Espirito Santo (BES) mit fünf Milliarden Euro aus dem Rettungsschirm verstaatlicht werden.

Dass Sócrates jetzt angeschuldigt wird, nachdem der konservative Innenminister gerade zurücktreten musste und die Regierung vor den Wahlen im nächsten Jahr noch härter in Bedrängnis kam, dürfte kein Zufall sein. Klar ist, dass die Sozialisten nun ebenfalls schwer angeschlagen sind, die sich zuletzt wieder etwas bei Wahlen wieder stabilisieren konnten. Die PS versucht mit einem neuen Kandidaten einen Linksruck, nachdem der Nachfolger von Sócrates bei parteiinternen Wahlen abgestraft wurde.

Während der abgewählte António José Seguro aber eine kritische Distanz zur Ära Sócrates gewahrt hatte, ist der Bürgermeister von Lissabon, der nun an die Parteispitze gerückt ist, ein Mann von Sócrates. Dass die Festnahme auch mit der Wahl von António Costa zum neuen Generalsekretär zusammenfiel, ist vermutlich auch kein Zufall. Der war unter Sócrates von 2005 bis 2007 Innenminister und die Festnahme von Sócrates' überschattet nun die neue Parteispitze. Costa versucht sich in leichter Distanzierung. Er ruft die Mitglieder auf, "die Gefühle gut zu trennen" und sich auf die "politische Aktion zu konzentrieren". Die Partei dürfe politische Aktivität nicht mit Solidarität mit dem früheren Ministerpräsident verwechseln. Er fügte an, dass er die Entscheidungen der Justiz respektiere.