„Wenn es zertifiziert ist, dann ist das Dingen weg.“

Das geheimnisvolle Gerät des BND

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Auch die gestrige Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses im Bundestag dokumentiert, dass der Geheimdienst der Kanzlerin die Gesetze und Verordnungen eher subjektiv interpretiert und pragmatisch handhabt. So betrieb der BND zur Weitergabe von Telekommunikationsdaten an die NSA einen sogenannten "Separator", der teutonische Informationen grundgesetzfreundlich ausfiltern sollte.

Ein Ingenieur der Spionage-Anlage gab dem Protokoll zufolge an, "die NSA" sei bei der Entwicklung nicht einbezogen worden und habe auch keine Komponenten geliefert. Heise-Autor Stefan Krempl zitiert den Zeugen jedoch insoweit, dass ein Teil des Erfassungssystems "Geräte von den Amerikanern" gebildet hätten und der BND dies "dem BSI nicht gesagt" habe. Eine weitergehende Überprüfung dieser Komponenten wäre aber möglich gewesen: er selbst habe "die Sachen auseinandergebaut". Demnach handelte es sich mehr oder weniger um handelsübliche Bestandteile: "Die kochen auch nur mit Wasser."

Gefiltert wurde nach drei Kategorien:

  • eindeutige Verbindungen zwischen Ausland und Ausland
  • Daten mit Inlandsbezug
  • Nicht klar zuzuordnenden Daten

Nur der Zugriff auf erstere seien dem Auslandsnachrichtendienst BND erlaubt gewesen - immerhin 220 Millionen Telefondaten pro Tag.

Der Ausschuss hörte auch einen Ingenieur des Bundesinstituts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), dessen Vorläufer ursprünglich selbst eine Abteilung des BND gewesen war. Dieser sollte 2005 aufgrund einer Verordnung das Gerät ihm unbekannter Herkunft abnehmen. Für ihn sei maßgeblich gewesen, ob deutsche Staatsbürger betroffen seien. Dies ist nicht nur wegen der Abweichung zur vom BND-Ingenieur berichteten Beschränkung auf Transitdaten erstaunlich, sondern auch deshalb, weil das in Art. 10 GG garantierte Fernmeldegeheimnis nicht nach Staatsangehörigkeit differenziert. Nachdem der BSI-Mann die Anlage zertifiziert hatte, war "das Dingen weg". Als ein Abgeordneter folgerte, wie das Gerät eingesetzt werde, wisse also nur „der liebe Gott“, ergänzte der BSI-Mann: „Und der BND.“

Da Art. 10 GG ohnehin fundamental unbeachtet bleibt, fällt es nicht ins Gewicht, dass auch massenhaft Metadaten ohne Grundlage des G10-Gesetzes erhoben werden. Für einige aber wohl doch: Wie Ex-NSA-Chef Michael Hayden unveblümt einräumte, töten die US-Streitkräfte auf Basis von Metadaten. Wer mit dem falschen Partner zum falschen Zeitpunkt telefonierte, muss mit der Begegnung mit einer Hellfire-Rakete rechnen, die praktischerweise gleich das Handy anpeilt. Nicht nur das "Dingen" ist weg, sondern auch ein Menschenleben.

Doch die grundgesetzwidrigen Eingriffe in den über Deutschland laufenden Fernmeldeverkehr und das von in Bad Aibling aus erfolgende Anzapfen von Telekommunikationssatelliten sind längst nicht die einzige Quelle, aus welcher der BND die NSA mit tödlichen Informationen speist. So wurde die Killer-Liste der Bush-Krieger und Obama-Heckenschützen auch über das Stonehenge-artige Ohr in Gablingen vervollständigt, mit dem die Elektrospione angeblich massenhaft Signale etwa aus Afghanistan auffangen. Wer am Hindukush elektronische Wellen erzeugt, spielt mit seinem Leben.

Durch die Kooperation mit der NSA wirkt der dem Bundeskanzleramt unmittelbar unterstehende BND an systematischem Serienmord mit. Wie Beihilfe zur Liqudierung mit Art. 1 GG (Menschenwürde) zu vereinbaren ist, wird bislang selten gefragt. Soweit bekannt, stört sich die Bundeskanzlerin an Überwachung allenfalls dann, wenn es ihr Handy betrifft.