Erneut Oppositioneller in Venezuela festgenommen

Die Regierung spricht von Umsturzplänen mit Finanzierung aus den USA. Anklageschrift soll Klarheit über Vorwürfe bringen

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In Venezuela spitzt sich die innenpolitische Situation zu, nachdem die Regierung Hinweise auf einen mutmaßlichen Putschversuch publik gemacht und einen Oppositionspolitiker festnehmen gelassen hat. Der Bürgermeister des Hauptstadtdistriktes von Caracas, Antonio Ledezma, wurde am Donnerstag von Agenten des Inlandsgeheimdienstes Sebin inhaftiert.

Ihm wird offenbar vorgeworfen, zu Beginn von gewalttätigen Ausschreitungen im Februar vergangenen Jahres die Ermordung des Oppositionspolitikers Leopoldo López geplant zu haben. Der Mord an López hätte den innenpolitischen Konflikt weiter eskalieren lassen sollen, sagte Parlamentspräsident Diosdado Cabello von der regierenden sozialistischen Partei PSUV. Im Fall der mutmaßlichen Verschwörung wird auch gegen den Oppositionspolitiker Julio Borges ermittelt, dem die parlamentarische Immunität aberkannt werden soll.

Das vermeintliche Opfer Leopoldo López befindet sich derweil selbst in Haft. López wird vorgeworfen, für die blutige Eskalation der Proteste vor einem Jahr mitverantwortlich gewesen zu sein. Er wartet seit inzwischen einem Jahr auf seinen Prozess.

Der linksgerichtete Präsident Nicolás Maduro verteidigte die Festnahme Ledezmas umgehend. Der Oppositionelle werde nun "für seine Angriffe auf den Frieden" zur Verantwortung gezogen, so Maduro. Die Anordnung zur Festnahme sei von der Staatsanwaltschaft gekommen, so Maduro weiter. Der Nachfolger des im März 2013 verstorbenen Hugo Chávez bekräftigte zugleich die These andauernder Umsturzpläne gegen seine Regierung.

Oppositionelle Gruppen würden dabei von Akteuren in Madrid, in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá und in Miami (USA) unterstützt. Es gebe zudem Hinweise darauf, dass venezolanische Militärs aus dem USA Gelder erhalten haben.

Nach Maduros Ausführungen Ausführungen sei ein Umsturz nach einem mehrstufigen Plan beabsichtigt gewesen. Zunächst hätte ein "Programm der Übergangsregierung" in verschiedenen Medien erscheinen sollen. Danach sollten Kräfte der Luftwaffe den Regierungspalast in Caracas sowie regierungsnahe Medienhäuser bombardieren. In der Folge hätte ein General der Luftwaffe in einer Videobotschaft einen generellen Aufstand des Militärs verkündet.

Diese Rolle sollte nach Angaben des Präsidenten der Brigadegeneral Oswaldo Hernández Sánchez übernehmen, der bereits im vergangenen Jahr nach seiner Teilnahme an gewaltsamen Oppositionsprotesten vorübergehend festgenommen worden war. Sicherheitskräfte der Regierung hätten jedoch die Aufnahme des betreffenden Videos dank eines Hinweises verhindert, so Maduro.

Nach den neuen Festnahmen und Vorwürfen wird die Lage in Venezuela zunehmend unübersichtlich. Dazu trägt bei, dass die jüngsten Beschuldigungen gegen Oppositionspolitiker von außen bislang nur schwer nachvollziehbar sind, weil man den Belegen Glauben schenken kann oder nicht. Eine nachprüfbare Anklage gegen Ledezma etwa lag nach Auskunft seines Anwalts zunächst nicht vor. Die Staatsanwaltschaft kündigte inzwischen an, die Anklageschrift vorzulegen. Spätestens dann dürfte mehr Klarheit über die Stichhaltigkeit der Vorwürfe gegen den Politiker herrschen.

Auf der anderen Seite stiften auch Anhänger der Opposition mit Falschinformationen Verwirrung. Eine Meldung, nach der Ledezma bei der Festnahme misshandelt worden sei, lies sein Anwalt inzwischen dementieren. Und schließlich spricht bis heute eines gegen die Regierungsgegner: 2002 hatten sie schon einmal versucht, die damalige Chávez-Regierung gewaltsam zu stürzen. Protagonisten des damaligen Putschversuchs wie Julio Borges oder Henrique Capriles gehören bis heute zu den führenden Köpfen des oppositionellen Lagers.