Elektroschrott am laufenden Band?

Das Chaos mit den neuen Stromzählern

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Die klassischen Ferraris-Zähler haben einen Vorteil, der ihnen jedoch gleichzeitig auch zum Nachteil gereicht: Sie sind langlebig, im Zweifelsfalle gut zu reparieren und nach zwölf Jahren neu zu eichen. Zählerhersteller haben da andere Prioritäten. Digitale Zähler haben derzeit eine Eichfrist von nur acht Jahren und enden dann zumeist als Elektroschrott.

Der Wechsel von den analogen Zählern mit ihren drehenden Scheiben hin zu den digitalen Stromzählern steht somit ganz oben auf der Wunschliste der Hersteller. Und weil die digitalen Zähler zudem die Messung des Blindstroms ermöglichen, haben auch die Stromhändler durchaus ein Interesse an einer baldigen Markteinführung. Gesetzlich vorgeschrieben war der Einbau von Smart Metern bislang bei Neubauten, bei Komplettrenovierungen sowie bei Kunden mit einem Jahresverbrauch über 6.000 kWh und bei bestimmten Einspeisern von Strom aus Erneuerbaren Energien. Zudem wurden digitale Zähler auch im Rahmen von zahlreichen Pilotprojekten der unterschiedlichsten Art eingebaut.

Wenn Spiegel Online jetzt befürchtet, dass 400.000 bis 500.000 intelligente Zähler am Netz seien, die mit 50 Millionen Euro pro Jahr zu Buche schlagen würden, dann hat man dort die Zahlen des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft(BNE) ganz offensichtlich falsch interpretiert. Die Bundesnetzagentur nennt in ihrem Monitoringbericht 2014 (Seite 190/191) für das Jahr 2013 für die Pflichteinbaufälle nach § 21c des Energiewirtschaftsgesetzes die Zahl von gut 350.00 digitalen Zählern in Neubauten und komplett renovierten Gebäuden und etwa 4,5 Millionen bei Letztverbrauchern mit mehr als 6.000 kWh Jahresverbrauch sowie 230.230 Zählpunkte bei Anlagenbetreibern nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz oder dem KWK-Gesetz bei Neuanlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 7 kW.

Im Haushaltskundensegment werden noch immer vorwiegend Ferraris-Zähler eingesetzt. Dort sind noch 44,5 Millionen dieser analogen Zähler installiert, davon knapp 3 Millionen Zählpunkte mit Zwei- bzw. Mehrtarifzählern. Per Fernauslesung können 269.464 elektronische Zähler bei Haushaltskunden abgefragt werden, wobei sich anhand der eingesetzten Übertragungstechnologien zeigt, dass es bei diesen Installationen noch einen beträchtlichen Wildwuchs gibt. So sind knapp ein Viertel der Zähler noch über GSM/GPRS angebunden und 4 % sogar noch über analoge Telefonmodems (PSTN). 21 % der Kommunikation läuft über DSL und die Hälfte über PLC (43% Schmalband-PLC und 7 % Breitband-PLC).

Vor lauter Begeisterung für die Technik der digitalen Zähler und den Möglichkeiten neuer variabler Tarife, die es jedoch bislang nicht einmal als Modellprojekt gibt, hat man den Eigenverbrauch der digitalen Messsysteme und ihrer Kommunikationsmodule bislang weitgehend ignoriert. Konnte der Eigenverbrauch der Zähler inzwischen wohl schon deutlich reduziert werden, so besteht im Gesamtkonzept einschließlich der Kommunikationsmodule noch einiger Handlungsbedarf.

Hierzu läuft seit Oktober 2014 mit der Ökodesignvorstudie über Geräte und Verbrauchszähler für intelligente Stromnetze (Los 33 ENER) eine umfangreiche Untersuchung, die sicherstellen soll, dass der Eigenverbrauch der Smart Meter und ihrer Kommunikation so weit reduziert werden kann wie technisch möglich. Erfolgt nach Abschluss dieser Studie eine Regulierung durch die EU, so muss durchaus damit gerechnet werden, dass ein beträchtlicher Anteil der jetzt installierten elektronischen Zähler den Vorschriften nicht entsprechen wird und nur noch komplett verschrottet werden kann.