Vorratsdatenspeicherung gegen Filesharing?

Geleakter Entwurf zur Vorratsdatenspeicherung entsetzt Bürgerrechtler

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Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung weist den von netzpolitik.org gelaekten Referentenentwurf scharf zurück. Der Entwurf greift laut AK Vorrat tief in die Grundrechte ein und verstößt ebenfalls gegen die Urteile des
Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs. Denn nach wie vor handele es sich um eine anlasslose Speicherung der Kommunikationsdaten aller Bürgerinnen und Bürger.

Der Gesetzentwurf führt verschiedene Speicherpflichten für Standort- und Verkehrsdaten ein, wobei die Regierungsparteien das "absolut Notwendige“ und objektive Kriterien behaupten. Absolut notwendig sei es hingegen dem AK Vorrat zufolge, "dass die Regierungsparteien endlich anerkennen, dass unsere
Grundrechte mit dieser anlasslosen Überwachung mit Füßen getreten werden und solche Überwachungsmethoden in einem Rechtsstaat nichts zu suchen haben".

Der AK Vorrat verweist darauf, dass weder im Rahmen der Evaluierung der Europäischen Kommission noch während der Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof Beispiele für einen effektiven Nutzen bei der Verfolgung schwerer Straftaten vorgelegt werden konnten. Erst recht sei keine Notwendigkeit nachgewiesen.

Der Gesetzentwurf fordert die Speicherung für vier Wochen

  • sämtlicher Standorte der Kommunikationsteilnehmer,
  • der Metadaten zu Telefongesprächen,
  • SMS-Nachrichten,
  • Messenger-Nachrichten.

Der AK Vorrat beanstandet Unklarheiten, wann diese Daten verwendet werden dürfen. Laut Gesetzentwurf soll dies auch dann der Fall sein, wenn eine Straftat "mittels Telekommunikation“ begangen wurde und wenn die "Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos wäre.“ Das mache es Strafverfolgungsbehörden einfach, auf diese Daten zuzugreifen. "Damit kann auch gegen Filesharer und Trickbetrüger auf Ebay vorgegangen werden," meint Kai-Uwe Steffens vom AK Vorrat. "Ein tiefer Eingriff in die Grundrechte für die Verfolgung solch vergleichsweise geringer Delikte ist mit dem Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar."

Während sich die Urheberrechtsindustrie also Hoffnungen darauf machen darf, künftig Filesharer durch anlasslose Massenüberwachung aufzuspüren, bleiben professionelle Terroristen von der Vorratsdatenspeicherung nach wie vor ausgenommen. Seit den Zeiten der IRA halten Profis Abstand von allem, was ein Kabel oder eine Funkverbindung haben könnte. Auch in das Hirn eines nicht geschwätzigen Einzeltäters wird die Vorratsdatenspeicherung kaum eindringen können. Amateur-Terroristen hingegen offenbaren sich ohnehin auf Facebook.