Spanien darf wieder abgefackelt werden

Durch Brandstiftung abgebrannte Wälder dürfen wieder für Bau oder Landwirtschaft umgewidmet werden

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Nachdem Spanien bis ins Jahr 2005 regelrecht abgefackelt wurde, um geschützte Gebiete für den Immobilienboom freizumachen, griff die sozialdemokratische Regierung ein. Verspätet trat die Reform des Berggesetzes allerdings erst im Frühjahr 2006 in Kraft, womit auch die Zahl der Brände und die Masse abgebrannter Flächen zurückgingen. Nachdem ein Gesetz angekündigt wurde, dass es 30 Jahre unmöglich macht, abgebrannte Flächen in der Art zu nutzen, wie es Brandstifter im Sinn haben, wurde im Brandsommer 2005 mit 170.000 Hektar abgebrannter Wald ein neuer Rekord aufgestellt. Doch genau diese Einschränkung hat die konservative Volkspartei (PP) kurz vor den Wahlen im Herbst nun mit ihrer absoluten Sitzmehrheit im Parlament wieder gekippt.

Nun können abgebrannte Gebiete wieder umgewidmet werden, wenn es im "öffentlichen Interesse" liegt. Das sei schwammig formuliert und öffne Missbrauch Tür und Tor, kritisiert die Opposition. Die Sozialdemokraten (PSOE), die ihr Gesetz nun ausgehebelt sehen, sprechen davon, dass "Spekulation" angeheizt werde. Es liegt nun in den Händen der Regionalregierungen, die Flächen für eine andere Nutzung als vor dem Brand freizugeben.

Etwa 54 Prozent des Landes, fast 28 Millionen Hektar, sind nun also nicht mehr definitiv geschützt. Zwei Drittel davon gehören Privatleuten und sie können nach einem Brand anders genutzt werden, wenn Regionalparlamente es zulassen. Neben Bauprojekten oder Golfplätzen in der Nähe oder sogar in Naturschutzgebieten wurden oft ursprüngliche Wälder abgebrannt, um schnell wachsende Fichten oder Eukalyptus für die Papierindustrie anbauen zu können. Und genau in diesem Bereich werden die Kontrollen nach Angaben von Umweltschützern gelockert.

Neben der Tatsache, dass Brandstifter mit einer Nutzungsänderung belohnt werden können, wurde auch die neue Rolle scharf von der Opposition kritisiert, die Forstangestellte nun erhalten. Denn ihre Kompetenzen beim Vorgehen gegen Brandstifter wurden drastisch beschnitten. Sie waren bisher "Ordnungskräfte" und konnten Brandstifter ermitteln. Alejandro Rodríguez, Koordinator von Forstangestellten, kritisiert: "Nun können wir Umweltverbrechen nicht mehr verfolgen." Man sei nun anderen Sicherheitskräften untergeordnet, "die nicht über das Wissen verfügen, das wir haben".

Die regierende PP meint, die Opposition versuche die Öffentlichkeit an der Nase herumzuführen, denn generell dürfe auch weiterhin das abgebrannte Land für 30 Jahre nicht umgewidmet werden, das gelte nur für Ausnahmen. Der PP-Abgeordnete und Förster Manuel Torres warf der Opposition vor, eine rückschrittliche Sicht auf den Wald und die Berge zu haben, "als gehörten die allen und dürften nicht angerührt werden". Die Opposition zeige "fehlende Sensibilität gegenüber den Besitzern und den Bewohnern auf dem Land, deren Entwicklungsmöglichkeiten beschränkt werden sollen".

Die fünf großen Umweltorganisationen in Spanien sprechen davon, dass die PP-Regierung unter dem früheren Umweltminister Arias Cañete, gegen dessen Ernennung zum EU-Klimakommissar die Organisationen Sturm liefen, und seiner Nachfolgerin Isabel García Tejerina in den vier zurückliegenden Jahren daran gearbeitet habe, die gesamte Umweltgesetzgebung der vergangenen 20 Jahre rückgängig zu machen. Sie führen an, dass das Küstenschutzgesetz geschleift wurde, weswegen nun auch wieder nahe am Meer gebaut werden darf, auch der Schutz für Naturschutzgebiete sei gelockert worden. Die PP-Regierung wolle "deregulieren und privatisieren" und keinen Umweltschutz, sondern einen "Nicht-Umweltschutz", erklärte Theo Oberhuber, Sprecher der "Umweltschützer in Aktion".

Das allgemeine Interesse werde den Privatinteressen untergeordnet, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, die auch von Greenpeace, WWF, Freunde der Erde, Seo/BirdLife unterschrieben haben. Es gehe auch beim neuen Berggesetz darum, "alle Beschränkungen für die ökonomische Nutzung und die Bebauung aufzuheben". Sie hoffen auf die Abwahl der PP im Herbst und forderten die Oppositionsparteien auf, das Berggesetz und andere Reformen wieder rückgängig zu machen, wie die Einführung der "Sonnensteuer" zur eigenen Nutzung von Solarstrom. Der Absturz der Konservativen bei den Regional- und Kommunalwahlen im Mai lässt viele hoffen. Dabei büßte die PP die Macht in fast allen Regional- und vielen Stadtparlamenten ein.

Allgemein wird erwartet, dass Spanien nun einen heftigen Brandsommer erlebt. Es gehe darum, zuvor Projekte durchzudrücken, bevor im Herbst die Konservativen die Macht verlieren, wie es verschiedene Umfragen vorhersagen. Tatsächlich brennt es schon an allen Ecken und Enden des Landes. Allein in der letzten Woche wurden nach amtlichen Angaben mehr als 15.000 Hektar Wald ganz oder teilweise vernichtet. Einer der großen Brände bedroht auch den Naturpark Cazorla in Andalusien. Umweltschützer glauben, dass der bisherige Rekord gebrochen und noch mehr Wald als 2005 abgebrannt werden könnte. Das ist fatal in einem Land, das besonders unter Klimaveränderungen und einer starken Desertifikation leidet.