Bundesregierung zieht Notbremse

Schengen-Abkommen vorläufig außer Kraft gesetzt

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Bundesinnenminister Thomas de Maizière gab heute um 17.40 auf einer Pressekonferenz bekannt, dass die Bundesregierung das Schengen-Abkommen vorübergehend außer Kraft setzt und die Grenzen zu Österreich wieder kontrolliert. Dazu werden alle verfügbaren Bundespolizisten nach Bayern verlegt. Meldungen, dass die Bundeswehr der Bundespolizei bei der Grenzsicherung hilft, wurden bislang nicht bestätigt.

Dem deutschen Innenminister zufolge ist die Maßnahme nicht nur notwendig, weil die Asylbewerberaufnahmekapazitäten erschöpft sind, sondern auch ein "Signal an Europa" zur Einhaltung der Dublin-Regeln und zur Verteilung der Lasten, über die die EU-Innenminister morgen debattieren. Auch Asylbewerber müssten akzeptieren, dass sie sich den EU-Staat, der sie aufnimmt, nicht aussuchen könnten.

De Maizières Worten nach wird die Wiedereinführung von Grenzkontrollen "nicht alle Probleme lösen" und soll von zusätzlichen Hilfen in den Flüchtlingslagern um Syrien flankiert werden. Mit dem Kabinett sei die Maßnahme ebenso abgestimmt wie mit den Innenministern der Länder. Österreich habe man "konsultiert".

Der Zugverkehr von Österreich nach Bayern wurde um 17 Uhr vorübergehend eingestellt. Das soll dem bayerischen Innenminister Herrmann nach bis fünf Uhr Morgens so bleiben. Vorher hatte die Deutsche Bahn kurzfristig ICE-Fahrten gestrichen und die Fahrzeuge als Sonderzüge für Asylbewerber eingesetzt, was in Reiseforen für erheblichen Unmut sorgte.

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer nannte die Grenzkontrollen eine "bayerische Initiative" und kündigte für den Oktober weitere Schritte an. Er fordert höhere Strafen für Schleuser, "mindestens eine Verdoppelung der Finanzbeteiligung des Bundes" und eine "verantwortliche Verteilung" der Asylbewerber auf die Bundesländer. Zwangsvermietungen lehnt er ab - in der SPD wurde angeblich darüber "nachgedacht".

Seehofer will stattdessen den Wohnungsbau wiederbeleben und Asylbewerber aus dem Westbalkan deutlich schneller abschieben. Ihm zufolge werden die Innenminister der EU-Länder morgen auch über die Wiederanwendung des Dublin-Abkommens und über weitere Maßnahmen beraten. Dazu will er auch mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Orbán sprechen. "Ohne Ungarn", so Seehofer, sei die "Lösung der Probleme nicht möglich." Auch andere Staaten an den EU-Außengrenzen sollte man seiner Meinung nach "stützen und nicht verteufeln".