Abgaskultur

Momentan wird viel darüber geredet, wie VW bestmöglich den Abgasskandal aufklären kann und was nun alles zu tun ist. Allerdings scheint mir der Schwerpunkt der Aufarbeitung auf den falschen Themen zu liegen.

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Von
  • Jutta Eckstein

Momentan wird viel darüber geredet, wie VW bestmöglich den Abgasskandal aufklären kann und was nun alles zu tun ist. Allerdings scheint mir der Schwerpunkt der Aufarbeitung auf den falschen Themen zu liegen.

Als Nicht-VW-Insider weiß ich natürlich nicht, wer verantwortlich für den Abgasskandal bei VW (und eventuell auch bei anderen Automobilfirmen) ist, aber ich glaube eine Ahnung davon zu haben, was verantwortlich dafür ist.

Jetzt sind Köpfe gerollt (und vermutlich waren das noch nicht alle), ein neuer Vorstandsbereich Recht wird eingeführt, und es soll genauestens aufgeklärt werden, wer die Verantwortung für diesen Skandal trägt. Nur wird mit dieser Aufklärungs-, Entlassungs- und neue Strukturen-Einführungsarbeit meiner Einschätzung nach das eigentliche Problem überhaupt nicht angetastet. Das Problem ist weniger auf einzelne Personen oder Strukturen zurückzuführen, sondern besteht meiner Ansicht nach in der vorherrschenden Kultur. Eine Kultur, die auf eine Art und Weise als selbstherrlich bezeichnet werden kann, befeuert durch die Erfolge der Lobby-Arbeit und auch durch den Glauben, über dem Gesetz zu stehen (und ja, da steht VW mit Sicherheit nicht alleine da).

Darüber hinaus wird so eine Kultur aber auf eine andere Art und Weise nämlich über den Führungsstil und das Miteinander kreiert. Und damit möchte ich nicht mal ins gleiche Horn stoßen wie so manche andere Autoren bei diesem Thema, die einen empatherischeren Führungsstil einfordern. Ich beziehe mich stattdessen auf eine Kultur, die sich zum Beispiel über Sätze (gesprochen oder als Meinung vorherrschend) ausdrückt wie:

  • Kommen Sie mir nicht mit Problemen, kommen Sie mit Lösungen!
  • Sorgen Sie dafür, dass das gelöst wird!
  • Das kann nicht sein!
  • u.Ä.

All diese Sätze führen dazu, dass man Probleme verleugnet, nicht angeht oder vertuscht (oder alles zusammen, wie gesehen).

Und nochmals: Ich glaube nicht, dass es nur bei VW so eine Art Kultur gibt (dazu habe ich zu viele Firmen gesehen und mich mit zu vielen Mitarbeitern insbesondere großer Unternehmen ausgetauscht), zumal es sich mit dieser Kultur über Jahre sehr gut gelebt hat, aber durch die neue Transparenz funktioniert sie einfach nicht mehr so gut wie bisher.

Und ja, ich bin mir ehrlich gesagt auch nicht ganz sicher, inwiefern dieser Blog nun in Verbindung mit Developer und World of IT steht, außer dass ich immer wieder erlebe, inwiefern eine Kultur einen starken Einfluss darauf hat, was entwickelt wird (das passt nun wieder hervorragend zum vorliegenden Geschehen) und wie es entwickelt wird.

Schön wäre es, wenn dieser Skandal als Chance begriffen werden würde. Nicht um "aufzuräumen", wie das immer so schön heißt, sondern um sich auf den langen Weg der Einführung einer neuen und auch mehr zeitgemäßen Kultur zu machen, in deren Fokus Transparenz und Fehler als Basis für Feedback und kontinuierliches gemeinsames Lernen stehen.


momentan leider nicht aus