Entscheidende Tage in Portugal

Der Staatschef hat es in der Hand, ob das Land bis Juni instabil bleibt

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der Sozialist António Costa ist in der Lage, "sofort" ein Regierungsprogramm vorzustellen, um für die kommenden vier Jahre "Stabilität und Regierungsfähigkeit" zu garantieren. Das hat der bisherige Oppositionsführer im Interview mit der Zeitschrift "Visao" vor der Tatsache erklärt, dass das Programm der Konservativen unter Pedro Passos Coelho am Dienstag im Parlament wie erwartet von der linken Mehrheit abgelehnt wurde, weshalb Coelho nach nur zehn Tagen zurücktreten musste. Portugal ist nach den Wahlen vor sechs Wochen wieder am Ausgangspunkt und alles liegt erneut in der Hand von Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva.

Silva führt wieder Gespräche mit Gewerkschaften, Arbeitgebern und Sozialverbänden, um zu entscheiden, ob er nun Costa mit der Regierungsbildung beauftragt oder Neuwahlen ansetzt und bis dahin eine handlungsunfähige Übergangsregierung einsetzt. Beim Gespräch mit Arbeitgeberverbänden wurde er am Donnerstag in seiner Haltung gegen eine Linksregierung bestärkt. "Wir erlauben keine Rückschritte", erklärte António Saraiva vom CIP-Verband. Er ist besorgt, da eine vom marxistischen Linksblock (BE) und von der grün-kommunistischen CDU gestützte sozialistische Regierung die Austeritätspolitik beenden will.

Die drei Linksparteien haben sich geeinigt, eine Arbeitsmarktreform durchführen, um ausufernde befristete Verträge zu beschränken. Sie wollen den Mindestlohn anheben, die Mehrwertsteuer senken oder den Sozialversicherungsbeitrag für Geringverdiener unter 600 Euro senken. Allein damit hätten 1,1 Millionen Portugiesen monatlich etwa 20 Euro mehr im Geldbeutel, die sie ausgeben und die Wirtschaft ankurbeln können.

Viel deutet darauf hin, dass Silva zu Neuwahlen tendiert. Der Staatschef hatte seinen konservativen Parteifreund Coelho mit der Regierungsbildung beauftragt, obwohl der keine Chance auf eine Mehrheit hatte. Silva ist gegen die Linke, die angeblich die Genesung des Krisenlands nach den "schweren Opfern" im Rahmen der Milliardenhilfen aus dem europäischen Rettungsfonds gefährde. Eine Linksregierung sende ein "falsches Signal" an Investoren und Märkte, was er mit seiner "verfassungsrechtlichen Macht" verhindern wolle.

Es scheint, dass Silva das Land mindestens bis zum kommenden Juni lähmen will. Schon jetzt ist Portugal das einzige Land, das keinen Haushaltsentwurf an die EU-Kommission geschickt hat. Vor Sommer 2015 kann auch von einer Übergangsregierung keinen beschließen. Vorher können nach der Verfassung keine Neuwahlen durchgeführt werden, da gerade auch der Präsident neugewählt wird. Doch der geschasste Coelho drängt den Sozialisten Costa, sich erneut Wahlen zu stellen, und will dafür eilig sogar die Verfassung ändern.

Wie das gehen soll, ist unklar. Und warum, fragen sich viele, denn die Konservativen haben die absolute Mehrheit klar verloren, Sie haben keine Koalitionspartner, dafür hat die Linke gemeinsam eine Mehrheit. Und Costa meint, die Konservativen schürten nur Unsicherheit, eine Übergangsregierung sei das "Schlechteste", was sie Portugal antun könnten.

Die Linke hat auch eine klare Botschaft an den Staatschef gesendet. Der wettert vor allem gegen eine Regierungsbeteiligung der CDU, die für den Austritt aus dem Euro und der Nato ist. Dabei werden weder die Kommunisten noch der marxistische BE in die Regierung eintreten, sondern die PS nur stützen. Das gibt ihnen auch die Chance, sie zu stürzen, wenn sie Versprechen nicht einhält und sie wieder Einschnitte vornimmt wie vor ihrer Abwahl 2011. Deshalb könnte Silva wieder sagen, dass seine Forderung nach "Stabilität" nicht erfüllt ist, um Neuwahlen zu begründen.