Hausdurchsuchung: Verdacht auf Abrechnungsbetrug beim Unabhängigen Datenschutzzentrum in Kiel

Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) in Schleswig-Holstein wurde am vergangenen Freitag durchsucht. Es sollen Fördergelder und Drittmittel unterschlagen worden sein.

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Cyber-Alarm

(Bild: dpa, Malte Christians)

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Am vergangenen Freitag, den 4. Dezember, gab es eine Hausdurchsuchung des Landeskriminalamts Schleswig-Holstein und der Staatsanwaltschaft beim Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz (ULD) in Schleswig-Holstein. Laut Informationen, die heise online vorliegen, sollen Mitarbeiter des ULD Abrechnungsbetrug und die Unterschlagung von Fördergeldern und Drittmitteln betrieben haben.

Die Geschäftsleitung des ULD stehe unter dem Verdacht, seit Jahren Fördermittel des Bundes und der EU "betrügerisch" abzurechnen. So sollten unter anderem Projektmitarbeiter Stundenzettel ausfüllen, wenn sie Arbeit leisteten, die über die Projekte hinausgingen. Diese wurden dann mit dem Förderer abgerechnet - ohne Mitwisserschaft der Projektmitarbeiter. Es soll mehrere Varianten der falschen Abrechnung gegeben haben. Eingeweihte kommentieren, dass dies "jedoch erst die Spitze des Eisbergs" sei.

Eine Oberstaatsanwältin beim Landgericht Kiel bestätigte gegenüber heise online diese Informationen. Die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Betrug steckten aber noch "in den Kinderschuhen". Eine Stellungnahme des ULD steht noch aus, Anfragen von heise online wurden bislang nicht beantwortet.

Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz setzt sich unter anderem mit Themen wie der "öffentlichen Sicherheit und Justiz" oder der informationellen Selbstbestimmung auseinander. Experten des Zentrum melden sich regelmäßig in Datenschutzfragen wie etwa der Handy-Rasterfahndung oder Facebook zu Wort.

Das ULD ist in Kiel angesiedelt und eine Anstalt des öffentlichen Rechts; der bekannte Datenschützer Thilo Weichert, langjähriger Chef des ULD, übergab die Führung des Landeszentrums erst vor kurzem an Marit Hansen.

[Update 08.12.2015, 13:55 Uhr]:

Mittlerweile hat das UDL gegenüber heise online reagiert: So gehe es um die Abrechnung von Projektförderanträgen, die das Referat „Privacy by Design“ seit Jahren bei EU-Institutionen und Bundesministerien einwirbt. Das Referat wurde von der heutigen Behördenleiterin Marit Hansen gegründet und wird noch heute von ihr geleitet. Es entwickelte unter anderem maßgeblich das Konzept der „attributbasierten Berechtigungsnachweise“. Ein ähnlich ausgerichtetes Referat gibt es europaweit bei keiner anderen Datenschutz-Aufsichtsbehörde.

Marit Hansen teilte heise online mit, sie wisse zum jetzigen Zeitpunkt weder mit Sicherheit, wer diese Vorwürfe gegenüber der Staatsanwaltschaft erhoben hat, noch worin die Vorwürfe im Detail bestehen. Dem Vernehmen nach könnten die Vorwürfe von einem ehemaligen Mitarbeiter erhoben worden sein, der in der Probezeit entlassen wurde.

Das betroffene Referat besteht derzeit aus acht Personalstellen, wobei nur zwei Stellen unbefristet sind. Die sechs weiteren Stellen werden regelmäßig ausschließlich durch Projektgelder finanziert und sind daher grundsätzlich befristet. Die Mitarbeiter können in der Regel nicht übernommen werden, auch weil sich an der Haushaltslage des ULD seit Jahren nichts ändert.

Hansen betont, dass die Abrechnungen jederzeit korrekt erfolgt seien und zeigte sich zuversichtlich, dass sich die Vorwürfe aufklären ließen. Bekannt sei ihr etwa eine Diskussion darüber, ob Projektmitarbeiter auch an der Sommerakademie teilnehmen dürften. Nach ihrer Ansicht sei dies möglich, weil diese in ihrer Funktion Auskunft über die Projekte geben, an denen sie beteiligt sind.

[Update 08.12.2015, 14:10 Uhr]: In einer offiziellen Stellungnahme des ULD heißt es, dass es um "entsprechende[] Vorgänge aus den Jahren 2010 bis 2015" ginge. Diese würden nun auch innerhalb des ULD aufgearbeitet. Derzeit informiere das Landeszentrum sämtliche Fördergeber über die Vorkommnisse. Es würde nicht aufgrund von persönlicher Bereicherung ermittelt. Die Vorwürfe beträfen auch ausschließlich die Abrechnung im drittmittelgeförderten Forschungsbereich des Zentrums. (kbe)