Niedriger Ölpreis heizt Konflikte an

Das Rohöl ist inzwischen so billig, wie seit 2004 nicht mehr. Saud Arabien scheint kein Interesse an Deeskalation zu haben

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Es kracht und knirscht im Gebälk der Ölkonzerne. Am Mittwoch fiel der Ölpreis für die nordamerikanische Standardsorte WTI kurzzeitig unter 30 US-Dollar pro Fass (159 Liter), wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Am späten Nachmittag lag der WTI-Preis bei 31,29 US-Dollar pro Barrel. Für die europäische Standardsorte Brent musste 30,43 US-Dollar pro Barrel gezahlt werden, wie finanzen.net vermeldet. Ähnlich günstig war das Rohöl zuletzt 2004.

Damit liegt der Preis inzwischen sehr deutlich unter den Förderkosten in den kanadischen Teersänden, dem US-amerikanischen Schieferöl und vielen geplanten Projekten wie der Förderung im Eis der Arktis oder Tiefseebohrungen. Die betroffenen Firmen schreiben Verluste und haben im vergangenen Jahr bereits Hunderttausende entlassen. Erkundung und Erschließung neuer Lagerstätten ist nahezu zum Stillstand gekommen.

Das links-liberale US-Magazin The Nation warnt vor der Instabilität, die der fallende Ölpreis in Ländern herrufen wird, die von den Ölausfuhren in besonderem Maße abhängen. Venezuela wäre zu nennen, Nigeria, in dessen Norden sich die klerikalfaschistische Boko-Haram-Sekte breit macht oder Russland. Auch die OPEC-Mitglieder Iran und Saudi-Arabien müssen erhebliche Einbußen hinnehmen und Irak, ebenfalls Mitglied des Öl-Clubs, bräuchte dringend mehr Einnahmen, um seinen Krieg gegen den IS finanzieren zu können.

Um so erstaunlicher ist es, dass die OPEC die Förderquoten nicht senkt, um die Schere zwischen Angebot und Nachfrage wieder zu schließen. Dies scheint offensichtlich weiter am saudischen Widerstand zu scheitern. Die offizielle Begründung Riads dafür ist, dass die sogenannte unkonventionelle Förderung Nordamerikas (Teersände und mittels Fracking gewonnenes Schieferöl) aus dem Markt gedrängt werden soll. Saud-Arabien hat besonders niedrige Förderkosten und somit einen entsprechend langen Atem.

Allerdings hört man aus Washington auffällig wenig Kritik an der saudischen Ölpolitik. Wenn es wirklich in erster Linie gegen US-Ölkonzerne ginge, wäre das sicherlich anders. Sollte das Motiv also doch Druck auf Russland und Iran sein? Die jüngste Entwicklung am Persischen Golf deutet jedenfalls nicht gerade daraufhin, dass Riad und Washington an Entspannung gelegen ist (siehe auch Konflikt zwischen USA und Iran kocht hoch).

Für die Zukunft der Region lässt das alles nichts Gutes erhoffen. Am einen Ende zündelt Erdoğan, am anderen Ende, in Jemen, führt Saudi Arabien bereits einen Krieg gegen schiitische Verbündete des Irans, und das von den USA und ihren Verbündeten angerichtete große Bürgerkriegs-Chaos in Syrien und Irak trägt auch einige Züge eines Stellvertreterkrieges zwischen Saudi Arabien und dem Iran.