EU-Abgeordneter klagt gegen Geheimhaltung der Kommission

Streit um Unterlagen der Arbeitsgruppe Unternehmensbesteuerung. Kommission will Dokumente nicht freigeben, die ihren Präsidenten belasten könnten

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Die EU-Kommission wird vor Gericht begründen müssen, weshalb sie dem Europäischen Parlament Dokumente über Steuerflucht vorenthält, die über Jahre hinweg unter anderem von den Behörden und Regierungen von Luxemburg unterstützt wurde.

Im Zuge der sogenannten Luxemburg-Leaks-Affäre war bekannt geworden, dass das Großherzogtum mit zahlreichen Unternehmen geheime Deals einging, damit sie gegen Steuervergünstigungen ihr Geld in dem Zwergstaat anlegen. Verstrickt in diese Politik war mutmaßlich auch der amtierende EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Ein Rechtsgutachten im Auftrag der Linksfraktion (GUE/NGL) im Europäischen Parlament kommt nun zu dem Ergebnis, dass die Weigerung der EU-Kommission, zentrale Dokumente aus der Ratsarbeitsgruppe Unternehmensbesteuerung (Code of Conduct Group) zu veröffentlichen, gegen EU-Recht verstößt. Das Gutachten wurde vom Völker- und Europarechtler Andreas Fischer-Lescano sowie Nele Austermann von der Universität Bremen verfasst. "Demnach hat die EU-Kommission die Einschränkung der Informationsrechte nicht hinreichend begründet", stellt der deutsche EU-Abgeordnete Fabio De Masi fest.

Der Koordinator der Linksfraktion Steuer-Sonderausschuss (TAXE) will nun vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) gegen die Geheimhaltungspolitik klagen. Er wird dabei von Fischer-Lescano vertreten. "Die EU-Kommission kann sich nicht weiter hinter den Mitgliedsstaaten verstecken", sagte De Masi. Laut dem Gutachten hätten die EU-Staaten kein Recht, der Kommission vorzuschreiben, ob sie ihre Protokolle von der Ratsarbeitsgruppe zur Unternehmensbesteuerung veröffentlicht oder nicht.

"Als Abgeordnete konnten wir bisher zudem viele Dokumente nur in einem Leseraum einsehen. Die EU-Kommission lies Informationen zu fast der Hälfte aller 28 Mitgliedsstaaten schwärzen. Das ist mehr Geheimniskrämerei als beim TTIP-Freihandelsabkommen mit den USA", so De Masi weiter.

Bei den Dokumenten gehe es nicht um das Steuergeheimnis von Privatleuten, "sondern um die Steuertricks von Juncker und Co". Es reiche nicht, wenn die Mitgliedsstaaten Vertraulichkeit verabredeten. Dies müsse in jedem Einzelfall gut begründet werden und das hätten weder Kommission noch Mitgliedsstaaten getan. "Daher ziehen wir nach Luxemburg vor das EuG bzw. den EuGH – im Interesse der europäischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die jährlich um hunderte Milliarden Euro geprellt werden", so De Masi.