Ölpreis langfristig für böse Überraschungen gut

Mittelfristig bleibt der Ölpreis nach Ansicht der IEA zunächst niedrig, zum Ende des Jahrzehnts könnte er auch wieder über die 100-Dollar-pro-Fass-Grenze klettern

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Die Internationale Energieagentur IEA hat am Montag ihre Prognose für die Entwicklung des Erdölmarktes für die Zeit bis 2021 vorgelegt. Demnach rechnet sie in diesem Jahr noch nicht mit einer Marktberuhigung. Ein neues Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage werde es erst 2017 geben. Aber auch dann werde der Preis zunächst nicht stark ansteigen können, weil zu viele Förderer in der Lage wären, das Angebot kurzfristig zu erhöhen, um von einem Preisanstieg zu profitieren.

Der Ölpreis ist in den letzten zwei Jahren auf inzwischen nur noch rund 33 US-Dollar pro Barrel (159 Liter) abgestürzt. Bis zum Spätsommer 2014 hatte er sich mehrere Jahre bei etwas über 100 US-Dollar pro Barrel gehalten. Dabei war die europäische Standardsorte Brent oft zehn Dollar oder mehr teurer als die jenseits des Atlantiks als Standard geltende Sorte WTI, was offensichtlich mit dem großen Angebot aus US-eigener Förderung zu tun hatte. Inzwischen ist der Unterschied wieder auf rund zwei US-Dollar pro Fass geschrumpft, da die Förderung des vergleichsweise teuren Schieferöls zurückgeht.

Die IEA geht davon aus, dass die weltweite Nachfrage auch in den nächsten fünf Jahren weiter wächst, wenn auch etwas langsamer als bisher. Wie bereits im zurückliegenden Jahrzehnt werde Asien dabei den Motor spielen, und zwar Indien mehr als China. Südlich des Himalayas prognostiziert die Pariser Agentur eine rasch wachsende Motorisierung und ein Anwachsen des täglichen Verbrauchs von derzeit knapp vier Millionen auf etwas über fünf Millionen Barrel.

Die große Frage ist, wie sich der Preis langfristig verhält. Während die IEA sich mittelfristig keine Sorgen macht, befürchtet ihr Chef Fatih Birol, dass die langfristige Entwicklung einige unangenehme Überraschungen bereit hält. Der Grund: Die Investitionen in Exploration und Neuerschließung von Ölfeldern geht stark zurück. Im vergangenen Jahr steckten Erdölunternehmen 24 Prozent weniger in diesen Teil des Geschäfts, für das kommende Jahr rechnet die IEA mit einen Rückgang um weitere 17 Prozent. Einen Rückgang in zwei aufeinander folgenden Jahren hatte es bei diesem Posten zuletzt vor etwa 30 Jahren gegeben.

Wenn die Nachfrage tatsächlich weiter wächst, könnte das in wenigen Jahren heißen, dass die Nachfrage das Angebot deutlich übersteigt und die Förderer darauf kurzfristig nicht reagieren können. Das könnte die Preise dann jedoch schnell in astronomische Höhen treiben, wie sie zuletzt 2008 gesehen wurden. Seinerzeit kostete das Erdöl kurzzeitig rund 150 US-Dollar pro Barrel, bevor die US-Immobilienblase platzte, die westlichen Banken in einen schweren Strudel riss und auch die aufgeblähten Rohstoffpreise implodieren ließ.