AKW könnten sofort abgeschaltet werden

Deutschland hat erhebliche Überkapazitäten, die über den Umweg Strombörse und EEG-Umlage den Strom für Privatkunden verteuern

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Heute jährt sich zum fünften Mal der Tag, an dem in Japan nach einem schweren Seebeben die dreifache Reaktorkatastrophe in Fukushima ihren Laufe nahm. Das soll zum Anlass genommen werden, einmal kurz über die verbliebenen acht deutschen Atomkraftwerke nachzudenken. Die meisten von ihnen sollen nach gültiger Rechtslage erst 2021 und 2022 vom Netz gehen.

Bis dahin werden sie weiter jede Menge hochradioaktiven Müll produzieren, der für viele Jahrzehntausende sicher verwahrt werden muss, sodass er nicht an die Umwelt, was unter anderem auch das Grundwasser einschließt, gelangen kann. Ein Endlager, das eine entsprechend zuverlässige, geologisch stabile Einlagerung gewährleisten könnte, ist bisher nicht gefunden.

Zudem gibt es inzwischen wegen der ökonomischen Schwierigkeiten der AKW-Betreiber wie E.on und RWE Zweifel, ob die ohnehin nur bis zum Ende des Jahrhunderts laufende Verursacherhaftung auch umgesetzt werden kann. Dennoch werden die Entsorgungskosten durch jeden Tag des AKW-Betriebs weiter in die Höhe getrieben.

Dabei gibt es keinen sachlichen Grund, weiter Strom in diesen alternden Anlagen zu produzieren. Es gibt im ganzen Land Dutzende Gaskraftwerke, die im Durchschnitt nur noch zu 12 Prozent ausgelastet sind. Würde deren Auslastung auf 44 Prozent erhöht, könnte damit der Strom aus den AKW ersetzt werden. Ende 2015 gab es in Deutschland Gaskraftwerke mit einer Leistung von 28,5 Gigawatt (GW), während es die AKW nur noch auf 10,8 GW brachten.

Auch die Versorgungssicherheit dürfte kein Problem sein: Der Spitzenbedarf liegt, wie man hier sehen kann, bei knapp 85 GW. Der wird hin und wieder wochentags in kalten, dunklen Wintermonaten erreicht. Wasser-, Biomasse-, Gas- und Kohlekraftwerke kamen Ende 2015 zusammen auf eine Leistung von
91,2 GW (Biogaskraftwerke sind prinzipiell bedarfsorientiert steuerbar, was bei einem Teil von ihnen schon umgesetzt ist). Hinzu kommen noch sieben GW Leistung in Pumpspeicherkraftwerken, die täglich in den verbrauchsarmen Nachtstunden aufgeladen und zu Zeiten des täglichen Spitzenverbrauchs wieder entladen werden können. Und dann wären da natürlich noch die nicht stetig produzierenden Windkraft- (43,8 GW mit Offshore) und Solaranlagen (39,7 GW), für die langsam die Speicher ausgebaut werden müssten.

Das Abschalten der AKW hätte außerdem den Vorteil, dass das Stromüberangebot abgebaut würde. Dieses führt derzeit zu immer niedrigeren Strompreisen an der Leipziger Börse, die dort derzeit oft bei nur noch 2,5 Cent pro Kilowattstunde liegen. Selbst an windarmen Tagen haben sie es im Februar und März bisher nur ganz vereinzelt auf fünf Cent pro Kilowattstunde geschafft. Bei diesen Preisen sind auch neue Kohlekraftwerke unrentabel, was einer der Gründe ist, weshalb es Eon, RWE und Co. so schlecht geht.

Eine Verknappung durch Abschalten der AKW würde die Preise etwas in die Höhe treiben und damit zugleich paradoxer Weise den Verbraucher entlasten. Der muss nämlich bisher über die EEG-Umlage für die Differenz zwischen dem Börsenstrompreis und der Vergütung für Solar-, Biogas- und Windstrom aufkommen