"We need investigative journalism, and we need to investigate journalism"

Auftakt zum Logan CIJ Symposium zu investigativem Journalismus in Berlin

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In Berlin begann heute die zweitätige Konferenz The Logan CIJ Symposium internationaler investigativer Journalisten. In seiner Keynote konstatierte P. Sainath, die wichtigsten Storys unserer Zeit kämen von außerhalb des konventionellen Medienbetriebs, etwa von WikiLeaks. Zwar griffen die Medien solche Nachrichten auf, doch die Enthüllungen selbst stammten eher von Aktivisten, während Journalisten zu Stenographen reduziert seien. Die Medien seien Corporate Media.

Seinen Befund belegte P. Sainath anhand der Situation in Indien, wo sich die Verlage und TV-Stationen in der Hand von wenigen Superreichen befänden. So hatte der Journalist 2015 eine unerwünschte Reportage über insgesamt 300.000 Suizide von Bauern recherchiert, die aufgrund ihrer Armut ihrem Leben ein Ende setzten. Obwohl mit 800 Millionen die Landwirtschaft die größte Branche sei, käme Kritik am Agrarbusiness in der indischen Presse nicht vor. Der Neoliberalismus habe zur Privatisierung etwa von Wasser geführt. Während die verarmte Bevölkerung nur erschwerten Zugang zu Wasser habe, badeten die Superreichen in diesem Grundnahrungsmittel in protzigen Swimmingpools auf verglasten Balkons. Um in Indien Pressefreiheit zu unterdrücken, bemühe man ein 180 Jahre altes britisches Gesetz der einstigen Kolonialisten.

Auch andere Sprecher bestätigten seinen Befund, dass die interessantesten Enthüllungen von außerhalb des etablierten Journalismus stammten. So wurde etwa der britische Undercoverpolizist Mark Kennedy von Aktivisten enttarnt. Als andere wichtige Quelle wurde das National Security Archive der George Washington University genannt, das regelmäßig freigegebene Akten veröffentlicht. Interessant in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass Whistleblower Edward Snowden seine Informationen zunächst nicht über die konventionelle Presse leakte, sondern hierzu eine politische Filmemacherin ansprach.

Vertrauen in britischen Guardian gestört

Kritik etlicher Sprecher erfuhr vor allem der renommierte britische Guardian. So berichtete ein Journalist, dass ihn eine unerwünschte Umweltreportage seinen Job gekostet habe. Der Guardian sowie der Telegraph fielen auch durch ihre Zurückhaltung bei Kritik an der HSBC auf, die ein treuer Anzeigenkunde sei.

Besonders Hacktivist Jacob Appelbaum attackierte den Guardian. So sprach Appelbaum Alan Rusbridger und David Leigh, die seinerzeit mit WikiLeaks kooperiert hätten, Kompetenz und Loyalität ab. Die Zeitung habe Snowden-Dokumenten unterdrückt und stehe in Kontakt zu Geheimdiensten. Das Verhalten des Guardian sei ein politischer Akt des Betrugs an Julian Assange und Laura Poitras. In seiner Suada attackierte Appelbaum auch die New York Times, die sich mit der CIA abstimme.

Die Journalisten und Aktivisten tagen noch bis einschließlich Samstag, etliche Talks werden per Live Stream übertragen.