China: Trendwende bei der Kohle?

Chinas neuer Fünfjahresplan begrenzt den Verbrauch von Kohle

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China hat Mitte vergangener Woche seinen neuen Fünfjahresplan für die Zeit bis 2020 verabschiedet. Dieser setzt als Zielmarke für das wirtschaftliche Wachstum, das zunehmend vom Dienstleistungsunternehmen getragen werden soll, 6,5 bis 7 Prozent jährlich. Das wäre deutlich niedriger als der Durchschnitt der vergangenen 25 Jahre und unterstreicht damit den Übergang zu einem neuen Wachstums-Modus, der auf mehr Binnenmarkt, Dienstleistungssektor und Konsum setzt und die Abhängigkeit von der Exportindustrie vermindert.

Auf der Grundlage des allgemeinen Plans soll in den nächsten Monaten für den Energiesektor eine detaillierte Strategie ausgearbeitet werden, wie die Zeitung China Daily berichtet. Ein wichtiges Element werde dabei der Abbau von Überkapazitäten sein. In diesem Jahr ist die Stilllegung von rund 1000 Kohlegruben geplant.

Betroffen könnten auch Kraftwerke sein, zumindest ältere und ineffiziente. In den letzten Jahren sind unzählige moderner Kohlekraftwerke gebaut worden, die nun mit mangelnder Auslastung zu kämpfen haben, da der Stromverbrauch zuletzt kaum noch gestiegen ist. 2014 liefen chinesische Kohlekraftwerke nach einer Greenpeace-Analyse im Durchschnitt nur etwa 4700 von 8766 Stunden im Jahr.

In Deutschland geht man davon aus, dass ein Steinkohlekraftwerk mindestens 6000 Stunden im Jahr unter Volllast produzieren muss, um rentabel zu sein. Die Zeitung zitiert einen Sprecher der Nationalen Energieagentur, wonach es in den nächsten drei Jahren keine Genehmigungen für neue Projekt geben würde.

Ob das aber tatsächlich einen Baustopp für Kohlekraftwerke bedeutet, bleibt abzuwarten. Aus den Provinzen, die oft Bauherren und Betreiber sind und von den Einnahmen der Kraftwerke profitieren, ist mit einigen Widerstand zu rechnen. Schon jetzt gibt es einen erheblichen Interessenskonflikt zwischen Kraftwerksbetreibern und den Besitzern von Windkraft- und Solaranlagen.

Da es bisher keinen Vorrang für die Einspeisung von Solar- und Windstrom gibt, der erst im Laufe diesen Jahres eingeführt wird, hatte dies im vergangenen Jahr die Konsequenz, dass zehn bis 15 Prozent der Kapazität ungenutzt blieben. Ein Mittel zur Milderung des Konflikts könnte eine neue Verordnung sein, die alle Energieversorger verpflichtet, bis 2020 neun Prozent des verkauften Stroms mit Windkraft-, Solar- oder Biomasseanlagen zu erzeugen.

Damit dürfte die Fortsetzung des Booms bei Windkraft und Fotovoltaik garantiert sein. Neue Windräder hatten im vergangenen Jahr eine Gesamtleistung von 30,5 Gigawatt (GW). Mit 145,1 GW (davon knapp 130 GW ans Netz angeschlossen) hat China inzwischen etwas mehr als die gesamte EU an Windleistung installiert. Die Solarleistung hatte 2015 um 15 GW zugenommen, wie Reuters bereits im Januar berichtete.

Eine wichtige Marke für den Klimaschutz im neuen Fünfjahresplan ist der Verbrauch von Kohle. Bis 2020 soll er auf maximal 4,05 Milliarden Tonnen jährlich beschränkt bleiben.
Nach mehr als einem Jahrzehnt rasanten Wachstums wäre das eine erhebliche Verlangsamung. 2015 wurden nach Angaben der Statistiker in Beijing (Peking) 3,75 Milliarden Tonnen verbraucht.

Der Kohleeinsatz soll also in den nächsten Jahren nur noch um 1,6 Prozent jährlich zulegen.
Tatsächlich hatte es in den vergangenen beiden Jahren erstmals seit langem einen leichten Rückgang gegeben, 2015 immerhin um 3,3 Prozent. Einiges spricht dafür, dass sich damit bereits eine Trendwende ankündigt und China seine vorsichtig gewählten Klimaschutzziele übererfüllen wird.