"Heuchlerische" spanische Flüchtlingspolitik

In Brüssel wandten sich spanische Konservative gegen Massenabschiebungen in die Türkei, die sie im Land weiter befürworten

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Es war erstaunlich, dass gerade Spanien auf Menschenrechte für Flüchtlinge gepocht hatte und mit einem Veto in Brüssel gegen das Abkommen mit der Türkei gedroht hatte. Das Abkommen wurde als "inakzeptabel" bezeichnet. Spanien richtete sich "konkret gegen die Massenabschiebungen", denn die verstießen gegen die Genfer Konvention, die EU-Verträge und der Rückkehr-Richtlinie der Gemeinschaft, hatte zum Beispiel Außenminister José Manuel García-Margallo erklärt. Menschenrechte von Flüchtlingen seien für Madrid "nicht verhandelbar", fügte er an.

Eigentlich war aus der bisherigen spanischen Praxis klar, dass es den Konservativen, welche die Amtsgeschäfte nach den Wahlen im vergangenen Dezember weiter führen, weil sich noch keine neue Regierung bildenkonnte, nicht um Massenabschiebungen und die Rechte der Flüchtlinge geht. Sonst hätte man kaum im "Knebelgesetz" im vergangenen Jahr die Praxis der heißen Abschiebungen von Flüchtlingen direkt nach dem Grenzübertritt – ohne Anhörung – legalisiert, die zuvor auch in Spanien illegal waren und deren Verfassungsmäßigkeit noch vom höchsten Gericht geprüft wird.

Doch nun hat am Mittwoch die konservative Volkspartei (PP) im Senat bestätigt, dass es bei ihr tatsächlich keinen Meinungsumschwung gegeben hat. Sie wollte aus anderen Erwägungen ein Veto gegen das Türkei-Abkommen einlegen, was sie schließlich aber nicht getan hat. Die rechte Partei stimmte gegen einen Antrag von Podemos (Wir können es), der zum Ziel hatte, eben die Rechte der Flüchtlinge auch in Spanien wiederherzustellen, im Beisein eines Anwalts einen Asylantrag stellen zu können, wenn sie aus Marokko kommend die enormen Grenzbefestigungen zu den Exklaven Ceuta und Melilla überwinden.

Für die Sozialisten (PSOE), die mit den rechten Ciudadanos (Bürger) eine Regierung bilden wollen, könnte es eine Lehre sein, dass sich deren Senatoren enthalten und nicht mit den PSOE-Parlamentariern gestimmt haben. Dabei haben auch die Bürger im Wahlprogramm eine "Reform des Ausländergesetzes" gefordert, um die "heißen Abschiebungen" zu unterbinden. Die Partei rechtfertigt die stille Unterstützung der PP in der Frage – die sie auch in eine Regierung einbinden will – damit, dass eine Verabschiedung des Podemos-Antrags bedeutet hätte, eine "Anweisung zum Bruch eines Gesetzes" zu geben. Podemos wirft den Rechten "Heuchelei" vor.